Bitterstoffe können einen sehr positiven Einfluss auf unsere Verdauung haben. Wie
kommt das? Eigentlich sind wir doch aufgrund unserer Entwicklung so programmiert,
bittere Nahrung abzulehnen, denn wir verbinden diese Geschmacksrichtung mit
»schädlich« oder gar »giftig«!
Bitterstoffe
Pflanzen, die sich mit bitter schmeckenden Substanzen vor Fraßfeinden schützen
wollen, produzieren neben diesen Bitterstoffe häufig auch giftige Substanzen. Die
Bitterstoffe sind eigentlich nur ein Vorwarnsystem: Friss mich nicht, denn ich schade dir!
So hat sich in unserem über Jahrtausende entwickelten Geschmackssystem (und in dem
vieler anderer Tiere) der Automatismus verankert, dass ein bitterer Gschmack Nachteile
für die Gesundheit bedeuten kann. Instinktiv lehnen wir Bitteres ab und bevorzugen eher
Süßes – letzteres die Geschmacksrichtung, auf die wir durch die süße Muttermilch
bereits als Säugling konditioniert werden.
Nutzen von Bitterstoffen
Gerade in dieser genetischen Programierung in Bezug auf Bitteres aber liegt das
Geheimnis: Der Körper will vermeintlich schädliche Stoffe, die mit der Nahrung
aufgenommen werden, so schnell wie möglich wieder los werden, damit sie kein
Unheil anrichten können. Der Magen und die Verdauungsdrüsen Leber, Galle und
Bauchspeicheldrüse produzieren vermehrt Verdauungssäfte, um die
Verdauungsleistung anzuregen und damit auch die Inaktivierung und vor allem die
Ausscheidung der Substanzen zu beschleunigen.
So weit, so gut, denn wirklich schädliche oder sogar giftige Substanzen werden so
tatsächlich rasch entschärft und können uns auf diese Weise nicht mehr viel anhaben.
Vor allem aber werden wir durch die instinktive Ablehnung natürlich bitter schmeckende
Pflanzen meiden und keinesfalls im Übermaß bzw. in einem uns schädigenden Maße
zu uns nehmen. Warum sollte es also erstrebenswert und sogar gesundheitsfördernd
sein, doch Bitterstoffe zu verzehren?
Einfluss auf die Verdauungsorgane
Aufgrund eher ungesund zusammengesetzter Nahrung arbeiten unsere Verdauungsorgane
immer unangepasster – der Magen stellt die Magensäure
nicht nur dann zur Verfügung, wenn sie benötigt wird, sondern reagiert empfindlich
auf Stresserlebnisse und produziert diese agressive Säure, auch wenn gerade keine
Nahrung zu verdauuen ist. So wird die empfindliche Magenschleimhaut geschädigt,
und viel zu rasch und viel zu häufig wird zum vermeintlich ungefährlichen
»Allheilmittel« Protonenpumpenhemmer gegriffen.
Auch unser größtes Entgiftungsorgan, die Leber, ist mit den Nahrungsbestandteilen
überlastet, die reichlich u.a. in Form von zu viel Alkohol, sogenannten
Lebensmittelzusatzstoffen und anderen von der Industrie den »Lebensmitteln«
begegebenen Chemikalien daherkommen. Die Galle kann die
vielen und vor allem ungesunden Fette, die wir aufnehmen, kaum noch verarbeiten,
und die Bauchspeicheldrüse, die ja nicht nur das allen bekannte Insulin zur
Zuckerverdauung direkt ins Blut abgibt, sondern auch noch diverse andere wichtige
Verdauuungssäfte produziert und direkt in den Dünndarm einleitet, bekommt durch
unsere industriell »verfeinerte« Nahrung nicht mehr die richtigen Signale.
Die unausweichliche Folge dieser Fehlsteuerungen sind Verdauungsstörungen: seien
es »nur« gelegentliche Blähungen und Verstopfung, oder aber Durchfälle,
stinkender, schleimiger Stuhl oder dauerhafte, schwerere Probleme mit allen ihren
negativen Folgen für unsere Gesundheit.
Wenn wir nun Bitterstoffe in einem vernünftigen Maße verzehren, können wir so die
Leistung unserer Verdauungsorgane anregen und für unsere Gesundheit nutzbar machen:
Ein bitterer Apperitiv – bitte immer in der alkoholfreie Variante wählen –
lässt und »das Wasser im Munde zusammenlaufen«, regt den Magen zur rechten
Zeit an, die erforderliche Menge an Magensäure zu produzieren,
und auch die Verdauungsdrüsen werden auf Trapp gebracht. Gleiches bewirken eigentlich bitter
schmeckende Kräuter oder Lebensmittel-Zutaten, die natürlicherweise nie im Übermaß
zum Essen hinzugegeben werden, sondern für das Gesamt-Geschmackserlebnis lediglich
ergänzend wirken.
Geschmacksrichtungen in den traditionellen Küchen
Bereits die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) empfahl und empfiehlt noch heute,
dass gesunde Speisen immer Komponenten aller fünf Geschmacksrichtungen süß, sauer,
salzig, bitter und scharf enthalten sollten, um alle an der Verdauung beteiligten
Organe zu aktivieren.
Die westliche Küche sieht das nicht so streng vor, aber Bitterstoffe in einem
vernünftigen Maß eingesetzt, können die ersten Schritte der Verdauung optimieren.
Und wenn bereits in diesen oberen Regionen alles »nach Plan« verläuft,
kann weiter untern nur noch wenig schief gehen.
Praktische Anwendungen
Es gibt viele Möglichkeiten, Bitterstoffe gesundheitsfördernd einzusetzen, und viele davon sind erstaunlich
schmackhaft: nicht nur der bereits erwähnte Apperitiv regt die Verdauung an, auch
ein Tässchen Espresso, die Tasse Kaffee oder ein Riegel möglichst dunkle Schokolade
enthalten eine gesunde Portion Bitterstoffe. Ihren Salat können Sie mit gehackten
Löwenzahnblättern anreichern, Kartoffeln schmecken mit Rosmarin ganz köstlich, Thymian
ist nicht nur gegen Husten wirksam, sondern verfeinert auch das Fleischgericht.
Dass Artischocken in Form von Pressaft oder Kapseln die Verdauung anregen, ist
mittlerweile hinreichend bekannt, dass aber auch das Gemüse eine sehr gesunde Angelegenheit
ist, eben weil es Bitterstoffe enthält, wissen die wenigsten. Aus dem Spargel ist
der bittere Geschmack bei den meisten Sorten leider inzwischen so gut wie herausgezüchtet,
und er schmeckt eigentlich nur noch langweilig. Aber in leckeren Endivien und Chicoree sind
glücklicherweise noch reichlich Bitterstoffe enthalten.
Sie sehen: bitter muss nicht immer unangenehm schmecken. In einem für die Verdauung
förderlichen Maße schmecken Bitterstoffe sogar sehr angenehm. Probieren Sie es doch
einmal aus, wie förderlich Bitterstoffe für Ihre Verdauung und damit für Ihre
Gesundheit und auch für Ihr Geschmackserlebnis sein können.
Guten Appetit!
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