Eigentlich sollte unsere Verdauung sowohl ohne Probleme funktionieren als auch ohne, dass wir es wahrnehmen. Eigentlich! Leider haben aber
besonders in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten immer mehr Menschen Probleme mit ihrer Verdauung, was mit großer Sicherheit u.a. auch mit unserer
immer höher industriell verarbeiteten Ernährung und der
immer geringer werdenden Achtsamkeit für unser Essen
zusammenhängt. Hinzu kommt, dass wir uns immer weniger bewegen – ebenfalls ein Kriterium, was
zu Verdauungsproblemen führt.
Ein Darm ist nämlich faul – und zwar jeder Darm! Ohne Anregung bewegt sich ein Darm wenig und transportiert die Speisen nur sehr
unzureichend, was sich nachteilig auf eine gesunde Verdauung auswirkt. Die Anregung des Darms erfolgt zum
einen durch die Dehnung durch die verzehrten Speisen von
innen. Je voluminöser der Speisebrei – beispielsweise durch den Verzehr von ausreichend Ballaststoffen – desto intensiver wirkt sich
das auf die Darmperistaltik aus, also die Bewegungen der Muskulatur, die das Darmrohr umhüllt und den Darminhalt in Richtung Ausgang bewegt. Zum
anderen regt aber auch bei aktiver Körperbewegung die Tätigkeit der Bauchmuskulatur die Darmperistaltik von außen an. Und zusätzlich massiert bei der
Atmung
die Auf- und Abbewegung des Zwerchfells Darm und
Verdauungsdrüsen von oben, so dass der Speisebrei vom
Magen durch den gesamten Dünn- und Dickdarm weiterbefördert wird.
Je häufiger diese Anregungen sind, desto besser und desto gleichmäßiger wird der
Darminhalt weiterbefördert. Schauen Sie sich hierzu gerne die
Abbildung des gesamten Verdauungssystems an.
Erfolgen die Anregungen nur sporadisch, bleiben die Speisen viel zu lange an einer Stelle liegen. Dies kann unter Umständen zu erheblichen Beschwerden
führen, allem voran zum sogenannten
Reizdarm-Syndrom mit allen seinen Symptomen wie u.a. zu
Verstopfung,
Blähungen,
Bauchschmerzen und -krämpfen oder auch
bakteriellen Fehlbesiedelungen
(
Dünndarmfehlbesiedelung/SIBO bzw.
Dysbiose) und sogar Schäden
wie
Mikroentzündungen an der Darmschleimhaut. Auch den unangenehmen, mitunter sogar angsteinflößenden Symptomen
des sogenannten
Roemheld-Syndroms wird vorgebeugt.
Sogar alle Arten von
Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten können mit mehr kontinuierlicher
Bewegung günstig beeinflusst werden, denn die Menge der in einer dann gesünderen Darmschleimhaut produzierten Enzyme nimmt zu, so dass die Toleranzschwelle steigt.
Deshalb ist das »Geheimnis«
einer geregelten Verdauung nicht nur der Verzehr einer ballaststoffreichen Nahrung mit einem überwiegenden Anteil an pflanzlichen Lebensmitteln, sondern auch
ein kontinuierliches Bewegungsverhalten, bei dem
mindestens alle 30 – 60 Minuten wenigstens kleine Atem- und/oder Bewegungsübungen ausgeführt werden.
Faktoren für eine gesunde Verdauung
Eine gesunde Verdauung zeigt sich vor allem auch in einem »normalen«
Stuhlgang. Dieser hat eine gute Konsistenz
und Farbe. Der Geruch ist zwar abhängig von den zuvor verzehrten
Lebensmitteln, aber er ist erträglich, und man hat keine nennenswerten Blähungen. Das Reinigen auf der Toilette bereitet keine Probleme. Meistens erledigen wir
den Stuhlgang regelmäßig etwa ein- bis zweimal täglich – oftmals sogar zu jeweils den gleichen Tageszeiten.
Von Krankheiten und Unverträglichkeiten abgesehen, können aber auch viele andere Faktoren ausschlaggebend sein und die Beschaffenheit des Stuhls entscheidend beeinflussen.
Dies sind u.a. die Trinkgewohnheiten, der Konsum von Genussmitteln wie Zigaretten oder Alkohol und der Gebrauch von Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln,
aber auch das Stressaufkommen bzw. die Fähigkeit zur
Enspannung und nicht zuletzt
das Bewegungsverhalten und die damit
zusammenhängende Atmung.
Alle Bereiche des Verdauungssystems erledigen ihre Aufgaben in einer fein aufeinander abgestimmten Abfolge. Es beginnt im Mund mit den Zähnen und Speicheldrüsen,
geht über den Magen, die
Verdauungsdrüsen und jeden einzelnen Darmabschnitt und endet am Darmausgang. Sogar solche
eher unbekannten Organe wie die Ileozökalklappe zwischen dem Dünn- und dem Dickdarm und der Vagus-Nerv, der die Reize zwischen dem Kopf und den Organen steuert,
spielen in diesem fein aufeinander abgestimmten System entscheidende Rollen. Hakt es an irgendeiner Stelle, können die nachfolgenden Bereiche
die fehlenden oder mangelhaften Verdauungsschritte nicht mehr oder zumindest nicht ausreichend ausgleichen. Dass hier mehr oder weniger schwere Beschwerden die
Folge sein müssen, leuchtet ein. (Schauen Sie sich hierzu gerne die
Abbildung des Verdauungssystems auf dieser Website an.)
Erst, wenn alle Faktoren reibungslos funktionieren und ineinandergreifen, kann die Verdauung optimal arbeiten, so dass wir, wie oben beschrieben, nichts davon wahrnehmen
wir uns wohlfühlen.
Natürliche und ursprüngliche Anregung der Verdauung
Wenn wir uns vorstellen, wie unsere Vorfahren gelebt hatten, fällt vor allem auf, dass diese Menschen ständig in Bewegung gewesen sind. Sie liefen große Strecken,
um ihre Nahrung zu sammeln, denn es gab weder Supermarkt noch Kühlschrank. Alles musste gesammelt oder später – nach der Erfindung der Waffen –
auch gejagt werden. Beim Sammeln wurde sich gebückt und gereckt, um die Wurzeln, Beeren, Schösslinge und die vielen anderen Pflanzenteile zusammenzutragen. Beim
Jagen mussten die Menschen sich hinter Büschen verstecken, hinter den flüchtenden Tieren herlaufen, die Waffen mit Kraft werfen und die schwere Beute nach Hause
schleppen. Alles in allem also schwerste körperliche Arbeit und der Einsatz von allen Körper- und Atemmuskeln. Bei einer solchen Lebensweise kam kein Darm auf
»die Idee«, faul zu sein, sondern wurde kontinuierlich von außen angeregt. Und durch die überwiegend pflanzliche Nahrung – Fleisch gab es ja nur,
wenn mal ein Tier gefangen werden konnte – wurden selbstverständlich auch genügend Ballaststoffe verzehrt (sehr viel mehr, als wir dies selbst bei gesündester
Ernährung tun), so dass durch den ausreichenden Volumendruck die Darmperistaltik auch von innen angeregt wurde.
Das Thema »Verstopfung« dürfte also
unseren Vorfahren unbekannt gewesen sein.
Vorbeugung und Therapieunterstützung
Ganz anders als unsere Vorfahren bewegen wir uns heute kaum noch. Zur Fortbewegung benutzen wir das Auto, und die allermeisten Menschen sitzen viel zu viel.
»Das Sitzen ist das neue Rauchen« – also das neue »Gift«, heißt es heute unglücklicherweise. Dies hat leider nicht nur für unsere Haltung,
für unsere Muskulatur und unsere Knochen sehr nachteilige Folgen, sondern auch für unsere Verdauung, und viele Krankheiten und Probleme – sei es die oben
erwähnte Verstopfung oder Fehlbesiedelungen von Dünn- oder Dickdarm und viele andere mehr – könnten durch eine ausreichende und vor allem
kontinuierliche
Bewegung verhindert bzw. in ihrer Ausheilung günstig beeinflusst werden.
Noch einmal zum Thema »Sitzen«: während des Sitzens bewegt sich im Unterleib gar nichts –
der Darm ist gefangen in einem starren Panzer zwischen den Beckenknochen, der unbewegten Bauchmuskulatur und dem sich kaum bewegenden Zwerchfell. Zu allem Übel
kommt dann noch hinzu, dass wir meist das Falsche essen und kaum Ballaststoffe zu uns nehmen. Dass sich bei einer solchen Lebensweise in Bezug auf die Darmbewegungen,
in Bezug auf die intestinale Mikrobiota (Darmflora) und damit in Bezug auf eine gesunde Verdauung und damit auf einen
gesunden Stuhlgang nichts tut – zumindest nichts Positives – muss einleuchten.
Leider hilft da die eine oder vielleicht auch andere sportliche Stunde am Wochenende nur relativ wenig. Es ist natürlich unbestritten:
Sport ist gut, auch wenn er »nur«
am Wochenende ausgeführt wird.
Für den Darm aber zählen die stündlichen oder sogar halbstündlichen Übungen. Und diese müssen auch keineswegs schweißtreibend und
zeitraubend sein,
etwa 3 Minuten pro Übung reichen, nachdem Sie die Übung etwas intensiver erlernt haben und Ihnen die Ausführung geläufig ist.
Welche Übungen gibt es?
Zunächst einmal sind hier die
Atemübungen zu nennen. Allein schon ein vertiefter Atem ist geeignet, um die Verdauungsdrüsen und den Darm zu massieren und anzuregen.
Dann gibt es die
Dehnungsübungen. Wenn wir sitzen, krümmen wir den Rücken und beugen uns automatisch nach vorne, winkeln die Hüfte an und quetschen so die
Brust und den Bauch ein. So können wir nur flach atmen, und die Verdauungsorgane sind in ihrer Bewegungsfreiheit behindert. Dehnungsübungen helfen, die Muskulatur
wieder zu entspannen und so dem Verdauungssystem Platz zum Funktionieren zu geben.
Dann gibt es
Lockerungsübungen. Wir neigen dazu, bei Schmerzen und Stress unsere willkürliche Muskulatur, wie z.B. die Atem- und die Bauchmuskulatur, anzuspannen.
Aber auch unsere unwillkürliche Muskulatur wie u.a. die Darmmuskulatur verkrampft sich, ohne dass wir dies direkt darauf einwirken können. Da sich beide Systeme gegenseitig
beeinflussen, können wir über die Lockerung der willkürlichen Muskulatur auch die Muskulatur unseres Verdauungssystems beeinflussen.
Die ganz wichtigen
entblähenden Übungen haben eine große Wirkung gegen Bauchschmerzen oder sogar Krämpfe. Aber auch Verstopfung und Durchfälle können so günstig beeinflusst
werden. Die in den Übungen vorgenommenen Körperhaltungen reduzieren den Platz im Bauchraum, so dass die Gase im gesamten Verlauf des Darms effektiv weitertransportiert
und »entsorgt« werden können.
Genauso unentbehrlich sind auch
Stärkungsübungen, denn nur mit gleichmäßig gestärkten Muskeln können wir eine aufgerichtete, gesunde Körperhaltung einnehmen, die
nicht nur unsere Verdauungsleistung stärkt, sondern auch unser Selbstbewusstsein.
Ganz wichtig sind auch
Entspannungsübungen, denn Stress ist ein wichtiger Trigger für Verdauungsprobleme. Unser »Bauchhirn« – also das Nervengeflecht,
das unseren gesamten Darm umgibt und ihn und seine Funktionen steuert – wird ebenso durch Stress bzw. eben auch Entspannung beeinflusst, wie das Gehirn in unserem Kopf.
Und da die meisten Menschen leider nicht auf der idyllischen Insel leben sondern in hektischen und stressigen Zeiten, ist es umso wichtiger, diesem Stress mit geeigneten
Entspannungsübungen entgegenzuwirken – zum Wohle unseres Darms und unserer Verdauung.
Darmgymnastik
Es würde den Rahmen einer Website sprengen, alle Übungen zu erklären.
Deshalb habe ich im Jahr 2022 das Buch
»Darmgymnastik – Bewegung & mehr gegen Verdauungsbeschwerden«
veröffentlicht.
In diesem Buch finden Sie zahlreiche
Atem- und Bewegungsübungen für einen gesunden Darm ohne Verdauungsbeschwerden, und
Strichmenschlein zeigen Ihnen die Bewegungsabläufe. Es gibt aber auch die erforderlichen
Erklärungen zu den Zusammenhängen,
denn nur, was man versteht, kann man auch mit Überzeugung und in ausreichendem Maße durchführen – und durchhalten.
Darüber hinaus sind bestimmte Punkte auf dem Körper dargestellt, die mithilfe der
Akupressur stimuliert werden können,
wodurch die Bewegungsübungen ideal ergänzt werden. Weiterhin werden
zusätzliche Hilfsmaßnahmen und Hilfsmittel vorgestellt,
die die Behandlung von Verdauungsproblemen effektiv unterstützen. Und last, but not least, gibt es
ein Kapitel mit häufig gestellten Fragen,
zu diesem Themenkomplex. Die Antworten können sicherlich auch Ihnen weiterhelfen.
Zusammengenommen haben Sie mit diesem Baukasten zahlreiche Möglichkeiten in der Hand – und zwar im wörtlichen Sinne in der eigenen Hand, um Erkrankungen
des Verdauungssystems und Beschwerden sowohl symptomatisch als auch ursächlich günstig beeinflussen oder ihnen sogar wirksam vorbeugen zu können.
Werfen Sie doch einmal einen Blick in das
Inhaltsverzeichnis. Hier können Sie sehen, welche
Themen alle besprochen werden.
Dosierung und Intensität der Übungen
Die verschiedenen Übungen zur Darmgymnastik stellen generell eine optimale Unterstützung der spezifischen Behandlungen bei jeder Art von Verdauungsproblem dar.
Es ist jedoch immer angeraten, die Intensität der Bewegung und der Atmung an die individuelle Empfindlichkeit anzupassen. Übereifer oder gar Überforderung
würden eher negativ als positiv wirken und Sie auch unter Leistungsdruck setzen, der ebenfalls kontraproduktiv ist. Es ist keineswegs die Stärke,
mit der bestimmte Bewegungsabläufe umgesetzt werden sollten, sondern immer
die Kontinuität. Häufig durchgeführte, kleinere – vor allem aber ruhige –
Bewegungen sind für das Verdauungssystem deutlich wirksamer als wenige (zu) heftige.
Für eine kleine Darmgymnastik-Übung gibt es zu jeder Tagenszeit und Situation Gelegenheiten. Selbst im Büro können Sie solche Übungen durchführen und/oder
auch Hilfsmittel wie ein luftgefülltes Sitzkissen benutzen, um ein wenig Bewegung in Ihren Unterleib zu bringen. In dem Buch
»Darmgymnastik« sind
zahlreiche Übungen explizit fürs Büro gekennzeichnet.
Kosten der Darmgymnastik
Das Wichtigste gleich vorweg: die Darmgymnastik kostet nichts – jedenfalls kein Geld! Die Übungen können Sie jederzeit zu Hause oder zum Teil sogar im Büro
durchführen – Sie müssen nichts bezahlen.
Natürlich kosten die wirklich erforderlichen »echten« Mittel und Maßnahmen, die eine Therapeutin oder ein Therapeut (im günstigsten Falle) gemeinsam
mit den Betroffenen in ein Behandlungskonzept einbezieht, häufig Geld, denn bei Verdauungsbeschwerden übernehmen die Krankenkassen in der Regel diese Kosten nicht.
Wenn man aber bedenkt, wie viel manche Menschen darüber hinaus auch noch für selbstbesorgte Nahrungsergänzungsmittel ausgegeben haben – und das teils über viele Jahre,
dann kommt hier rasch eine 3- bis teilweise 4-stellige Summe zusammen! Zu allem Übel aber helfen diese Mittel in der überwiegenden Mehrzahl nicht wirklich, was ja allein schon
die Tatsache beweist, dass die Betroffenen so lange an ihren Problemen herumlaborieren.
Wenn jedoch die Darmgymnastik in das Behandlungskonzept eingebunden wird, besteht bei konsequenter Durchführung eine sehr viel größere Chance, dass die Symptome deutlich
gelindert und die Erkrankungen meist sogar vollständig ausgeheilt werden können. Auch Rückfälle treten bei beharrlicher Weiterführung der gymnastischen Übungen nicht mehr oder
zumindest sehr viel seltener auf.
Die »Kosten« bestehen also nicht in einer finanziellen, sondern in einer Zeit-Investition. Aber diese lohnt sich auf jeden Fall, vor allem, wenn Sie in dieser Rechnung
gegenüberstellen, dass Sie sonst bei länger andauernden Beschwerden ebenfalls Zeit verbringen müssen – nämlich Zeit für Unwohlsein und das Gedankenkarussel um Ihre
Krankheit. Da ist es doch wesentlich angenehmer, sinnvolle und erfolgversprechende Übungen durchzuführen, die auch noch Spaß machen, als sich mit Bauchschmerzen und Co. den
Tag zu verderben.
Darmgymnastik – ein Allheilmittel?
Ist die Darmgymnastik also ein »Allheilmittel«? Nun, alleine heilen diese Maßnahmen Ihre Beschwerden nicht. Aber Bewegung
unterstützt die jeweils spezifische
Behandlung bei der Heilung von Verdauungsbeschwerden –
und diese Unterstützung ist unverzichtbar. Ansonsten ist nicht nur
die Heilung in Frage gestellt,
es sind auch
Rückfälle vorprogrammiert. Mit der kontinuierlichen Bewegung haben Sie es also in der Hand – und zwar im wörtlichen Sinne in der eigenen Hand,
um Erkrankungen des Verdauungssystems und Beschwerden sowohl symptomatisch als auch ursächlich günstig beeinflussen oder ihnen sogar wirksam vorbeugen zu können.
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