In jeder traditionellen Küche gibt es Gerichte oder Zutaten, die nicht nur
zur
Gesunderhaltung sondern tatsächlich auch zur
Heilung von Krankheiten
eingesetzt werden. Wir brauchen hier auch gar nicht nach China mit der traditionellen
chinesischen Medizin (TCM) oder nach Indien mit der althergebrachten Lebensweisheit
des Ayurveda zu schauen. Auch bei uns gibt es überlieferte Rezepte und
Zubereitungsarten von Lebensmitteln, die schon immer bei Krankheiten verabreicht
wurden und die eine hohe Wirksamkeit hatten und haben.
Leider ist gerade hier in Europa dieser wertvolle Wissensschatz mehr und mehr in
Vergessenheit geraten oder wird als rückständig angesehen – er hat
der »modernen« Medizin Platz gemacht. Diese betrachtet leider zum einen
jede Erkrankung meist nur noch auf ein einzelnes Organ bezogen und stellt zum anderen
die natürlichen Heilmethoden als überholt dar und verabreicht lieber
chemische Substanzen. Diese haben jedoch über eine eventuelle Wirkung oftmals
auch noch mehr oder weniger starke Nebenwirkungen.
Auch in anderen Ländern verdrängt die moderne Medizin mittlerweile fast
gänzlich die über Jahrhunderte, ja sogar Jahrtausende erprobten Methoden
und Rezepte. Aber seit einiger Zeit ist erfreulicherweise eine zaghafte
Rückbesinnung zu beobachten. Gerade die TCM findet erstaunlicherweise hier
bei uns mehr »Anhänger« – mehr sogar als in China selbst, wo
der unersetzliche Wissensschatz von 2000 Jahren zu verschwinden droht. Und
die ayurvedische Ernährung nach den Prinzipien der »fünf Elemente«
findet auch bei uns immer mehr begeisterte »Mittäter« – wobei
es in der TCM und im Ayurveda einige Ähnlichkeiten gibt.
Schauen wir jedoch zuerst einmal, was die »typisch deutsche Küche«
so alles an Geheimnissen zu bieten hat – und vergleichen dies ggf. mit den
Erkenntnissen der TCM. Es ist nämlich erstaunlich, dass es auch hier eine Menge
Überschneidungen und Gemeinsamkeiten gibt.
Wer kennt nicht folgendes Rezept: Bei schweren Erschöfpungszuständen
beispielsweise gab es schon immer eine lang und liebevoll gekochte Hühnersuppe
– früher und vielleicht (von der Oma) auch heute noch. Ein Huhn wurde
über mehrere Stunden im Topf gekocht, etwas Suppengrün hinzugegeben
und auch Reis. Zum Schluss wurde alles durch ein Sieb gegossen, und die »Kraft«,
die aus den Zutaten in die Brühe übergegangen war, gab auch dem
Erschöpften wieder Kraft. Hier spielen und spielten keine Nährstoffe
wie Eiweiß, Fett, Kohlenhydrate oder gar Vitamine eine Rolle. Nein, es war
die Kraft (bei den Chinesen Qi (sprich Tschi = Lebensenergie) genannt), die dem
Kranken seine Energie zurückgab und -gibt.
Ein anderes Beispiel: Früher wurde jedes deftige Gericht, insbesondere fette
Braten, noch mit Wachholderbeeren gewürzt. Die Bitterstoffe dieser Beeren
machten den Braten besser verdaulich. Heute ist dieses Gewürz kaum noch
gebräuchlich oder bekannt, dafür sehen wir alljährlich –
insbesondere um die Zeit von Festtagen mit traditionell gehaltvollen Mahlzeiten – wieder verstärkt die Fernsehwerbung für
Magenbitter, der schweres Essen bekömmlicher machen soll. Auch die Chinesen
wissen, dass Bitterstoffe im Essen dieses besser verdaulich macht: Nach der Lehre
der TCM sollte mit den entsprechenden Zutaten jede der 5 Geschmachsrichtungen
(süß, sauer, salzig, scharf und bitter) in jedem Gericht enthalten sein.
Und was essen wir bevorzugt zu Weihnachten? Der Bratapfel mit Zimt zum Beispiel
erwärmt nicht nur unser Herz, sondern auch den Körper nach einem Spaziergang
in der winterlich-kalten Luft, und auf keinem Weihnachtsteller fehlen die
Zimtplätzchen. Zimt erwärmt – und viele andere typisch winterliche
Gewürze wie Ingwer, Kardamom, Nelken oder Sternanis ebenso. Für die meisten
von uns sind diese Gewürze und ihr Duft untrennbar mit Weihnachten und der
kalten Jahreszeit verbunden – nicht ohne Grund, denn diese Gewürze
erwärmen.
Die TCM kennt für jedes Lebensmittel und auch jedes Gewürz ein
Temperaturverhalten: manche erwärmen, manche kühlen aber auch. Dies
hängt nicht von der Verzehrtemperatur ab, sondern das Temperaturverhalten
steckt im Lebensmittel bzw. Gewürz selbst. In den arabischen Ländern
wird kaum jemand (zumindest keiner von den Menschen, die wohlweislich ihre
traditionellen Gepflogenheiten einhalten) bei Hitze eiskalte Getränke zu
sich nehmen. Nein, hier wird heißer oder zumindest warmer Pfefferminztee
getrunken, denn die Pfefferminze hat eine kühlende Wirkung. Daran sollten
wir uns ein Beispiel nehmen und nicht versuchen, im Winter mit dem Trinken von
heißem Pfefferminztee die kalten Füße loswerden zu wollen.
Es ließen sich hier noch tausende von Beispielen nennen, welche Wirkungen
Lebensmittel und/oder Gewürze auf den menschlichen Organismus haben
(können), und es ist ein weites Feld, unsere traditionellen Gerichte und
die anderer Kulturkreise zu analysieren und gesundheitsförderliche oder
sogar heilende Wirkungen von Lebensmitteln
(wieder) zu entdecken. Und es ist auch nicht erforderlich, in ferne Länder
zu schauen und für uns teilweise etwas fremde Gebräuche auf unsere
Küche zu übertragen. Es gibt ein paar Grundsätze, die es ganz
leicht machen, sich zumindest gesundheitsförderlich zu ernähren:
Zutaten möglichst frisch verarbeiten
Zutaten sollten möglichst nach biologischen
Grundsätzen erzeugt worden sein
Zutaten möglichst aus regionaler Herkunft bevorzugen
Zutaten möglichst aus jahreszeitlicher Ernte bevorzugen
so abwechslungsreich wie möglich kochen
möglichst viele verschiedene Zutaten verarbeiten
freigiebig und schmackhaft würzen
sparsam salzen
Wenn Sie diese einfachen Regeln beherzigen,
wird Ihre Nahrung ihnen Kraft und
Energie liefern, und Sie werden weitestgehend gesund bleiben. Sollten Sie erkranken
oder bereits erkrankt sein, kann Sie insbesondere ein in der TCM erfahrener Arzt
anleiten, mit der Auswahl der richtigen Lebensmittel, Gewürze und
Zubereitungsarten in den überwiegenden Fällen tatsächlich ohne
chemische Arzneimittel wieder und vor allem dauerhaft gesund zu werden. Optimal
wäre es, wenn dieser Arzt es schafft, die aus der TCM überlieferten
Erkenntnisse auch auf die westliche Lebensweise zu übertragen.
Bei Interesse lege ich Ihnen hier die Website von
Dr.
Uwe Siedentopp ans Herz, der als Ernährungswissenschaftler, Arzt für
Naturheilverfahren und TCM-Experte eine Fülle von Publikationen zur Verfügung
stellt, die einen faszinierenden Wissensschatz bieten.
Bitte lesen Sie auch folgende Beiträge:
Ganzheitliche Gesundheit
Bitterstoffe und ihre Bedeutung für eine gesunde Verdauung
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