Letzte Aktualisierung: 2.12.2022

IgG4-Tests (ELISA)

Was ist von einem IgG4-Test zu halten? Die Antwort gleich vorweg: gar nichts! Diese Tests, die angeblich Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten aufspüren sollen, sind überhaupt nicht aussagekräftig und kosten viel Geld. Vor allem aber verwirren sie den Patienten und bewirken, dass er eine Diät eingehalten soll, die teils eine große Palette von Lebensmitteln verbietet und so unnötig die Lebensqualität einschränkt – abgesehen von der Verunsicherung, wie auf diese Weise noch der Nährstoffbedarf gedeckt werden soll.

Wie funktionieren die Tests?

Der IgG4-Test – auch unter dem Namen ELISA (Enzyme Linked Immunosorbent Assay) bekannt – beruht auf der Behauptung, dass beim Verzehr unverträglicher Nahrungsmittel angeblich bestimmte Antikörper (Immunglobuline des Typs G) vom Immunsystem gebildet würden. Durchgeführt wird der Test, indem das Serum aus einer Blutprobe auf ein Medium aufgebracht wird. Dieses Medium enthält Substanzen von 50, 100 oder mehr verschiedenen Nahrungsmitteln. Sind nun IgG4-Antikörper auf eines oder mehrere der Testsubstanzen im Serum enthalten, haften diese an dem Medium und können im Laborverfahren nachgewiesen werden.
 

Was sind Antikörper?

Antikörper (Immunglobuline) werden gebildet, wenn das Immunsystem mit einer Substanz konfrontiert wird, beispielsweise einem Lebensmittel wie eine Erdnuss oder ein Hühnerei, gegen die es eine Allergie entwickelt hat. Diese Substanzen sind hier jedoch nicht die gesamten Lebensmittel, sondern nur bestimmt Bausteine desselben – in den meisten Fällen Eiweiß-Bausteine bzw. oft nur Bruchstücke dieser Eiweiße (Proteine). Nach einem ersten Verzehr des Lebensmittels erwirbt das Immunsystem während der sogenannten Sensibilisierungsphase die Fähigkeit, dass es dieses Lebensmittel als fremd betrachtet und lernt, Antikörper des Typs E zu bilden. Wird später dieses Lebensmittel erneut verzehrt, werden die entsprechenden Antikörper ausgeschüttet, um den vermeintlich gefährlichen Feind unschädlich zu machen. Dabei können die Reaktionen unabhängig von der Verzehrmenge sehr heftig ausfallen, teilweise sind sie sogar lebensbedrohlich (anaphylaktischer Schock).

Bei einer Nahrungsmittel-Unverträglichkeit hingegen werden keine Antikörper gebildet, und die Reaktionen auf das entsprechende Lebensmittel fallen meist moderater aus. Bei den Unverträglichkeiten sind es im Gegensatz zu den Allergien meist bestimmte Zucker wie der Milch- oder der Fruchtzucker, die Probleme machen. Die Ursache liegt nicht in einer Antikörper-Reaktion, sondern im mehr oder weniger ausgeprägten Mangel an bestimmten Enzymen oder anderen Verarbeitungssubstanzen, um die Zuckerbausteine aufzuspalten, abzubauen oder in den Blutkreislauf zu transportieren. Die Stärke der Reaktionen hängt von der Verzehrmenge des bestimmten Lebensmittels, aber auch von der Ausprägung des Enzymmangels ab. Die Reaktionen können je nach Voraussetzungen zwar unangenehm sein, lebensbedrohliche Ausmaße nehmen sie jedoch nicht an.

Lesen Sie bitte auch den Beitrag »Abgrenzung zwischen Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten und Allergien«.
 

Wann gibt es IgG4-Antikörper?

Die Befürworter der IgG4-Tests behaupten, dass die Antikörper des Typs IgG4 gebildet werden, wenn eine Unverträglichkeit auf das entsprechende Nahrungsmittel besteht. Diese Behauptung wird jedoch von Allergologen als nicht zutreffend bezeichnet. Die IgG4-Antikörper bilden sich tatsächlich – aber nicht, weil der Körper dieses (diese) Lebensmittel als allergen einstuft, sondern ganz normal bei jedem Verzehr. Alle Lebensmittel enthalten körperfremde Eiweiße, und auf jedes körperfremde Eiweiß reagiert das eigene Immunsystem, das die Aufgabe hat, dem Organismus vor fremden Eindringlingen zu schützen. Wird nun ein Lebensmittel – sprich: ein körperfremdes Eiweiß – verzehrt, sollen diese Bausteine ja letztendlich in körpereigenes Protein umgewandelt werden, um beim Wachstum neue Zellen bilden oder alte Zellen ersetzen zu können. Da muss schon genau aufgepasst werden, was brauchbar ist oder was gefährlich sein könnte. Gelangen unverdaute Eiweiße in den Körper, bekämpft das Immunsystem diese – sie wären gefährlich. Sind die Eiweiße aber korrekt verdaut, d.h. in ihre Bausteine, die Aminosäuren zerlegt, können sie für Wachstum und Reparaturen verwendet werden.

Die meisten Eiweiße, die über das Verdauungssystem in den Körper gelangen, sind somit keine »Feinde« sondern »Freunde«. Das Immunsystem reagiert deshalb mit den »freundlichen« IgG-Antikörpern. Nur bei falscher Interpretation werden Antikörper des Typs E gebildet, die dann eine allergische Reaktion auslösen können.
 

Reaktionsstärke-Klassen

Somit werden immer dann IgG-Antikörper gebildet, wenn wir ein neues Lebensmittel verzehren. Für alle Lebensmittel, die wir jemals verzehrt haben, gibt es also Antikörper des Typs G – und zwar in größeren Mengen, wenn wir kürzlich oder auch oft ein bestimmtes Lebensmittel gegessen haben und weniger, wenn wir weniger oder seltener von diesem Lebensmittel verzehrt haben. Es liegt auf der Hand, dass es meist sehr viele und oft gerade unsere Lieblings-Lebensmittel sind, gegen die IgG-Antikörper nachweisbar sind. Den Nachweis von IgG-Antikörpern als Unverträglichkeit zu interpretieren, ist jedoch absolut falsch!

Die Menge der nachgewiesenen IgG-Antikörper wird in sogenannte Reaktionsstärke-Klassen eingeteilt: Je mehr Antikörper auf ein bestimmtes Lebensmittel nachgewiesen werden, desto höher die Klasse. Weil mit dem Test teils mehr als hundert Lebensmittel als »unverträglich« deklariert werden, wird oftmals »erlaubt«, Lebensmittel der geringeren Reaktionsstärke-Klassen in Maßen verzehren zu dürfen.
 

Kosten

Die Kosten für einen IgG-Test sind – unabhängig davon, ob er von einem nicht ausreichend informierten Arzt in Auftrag gegeben oder vom Patienten als Selbsttest bestellt und durchgeführt wird – sind hoch. Der Preis kann je nach Labor einige hundert Euro betragen, Selbsttests sind inzwischen schon für knapp einhundert Euro zu haben.

Aufgrund des nicht nachweisbaren Nutzens wird eine Kostenübernahme für einen IgG-Test von den Krankenkassen abgelehnt.
 

Fazit

Insgesamt entbehren die IgG-Antikörper-Tests jeder gesicherten Grundlage. Weil immer mehr informierte Ärzte diese Tests als nicht aussagekräftig erkennen, werden sie seit einiger Zeit auch als Selbsttests angeboten, um Patienten, die an unklaren Verdauungsbeschwerden leiden, als Kunden zu gewinnen.

Sie haben jedoch von einem IgG-Antikörper-Test keinerlei Nutzen. Er sagt nichts über eventuell vorliegende Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten aus. Weiterhin müssen Sie die Kosten für einen solchen Test auf jeden Fall selbst zahlen – Geld, das Sie sich getrost sparen können!

 
Beratung

Gerne biete ich Ihnen eine individuelle Beratung an – auf Wunsch auch telefonisch oder per Zoom oder Skype.
Bitte informieren Sie sich unter dem Menüpunkt »Praxis«.

 
Links zu weiterführenden Informationen
• Pharmazeutische Zeitung online
• Spiegel online
• Ärzte Zeitung
• AOK Faktenbox






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