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Laktose-Intoleranz – was ist das?
Lesen Sie auch gerne den Beitrag »
Abgrenzung zwischen Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten und Nahrungsmittel-Allergie«.
Laktose-Intoleranz (= Milchzucker-Unverträglichkeit oder Alaktasie) liegt vor,
wenn keine oder zuwenig Laktase im Dünndarm gebildet wird, so dass verzehrte
Laktose (Milchzucker) nicht verdaut werden kann.
Alle Säuglinge (mit Ausnahme einiger weniger, die mit einer seltenen, ererbten
Form geboren werden) können Laktose verdauen – und dies ist lebenswichtig:
Muttermilch (aller Säugetiere) enthält in mehr oder weniger großen
Anteilen Laktose, sie ist das natürliche Kohlenhydrat in der Milch. Dieses
Kohlenhydrat liefert dem Säugling die erforderliche Energie zum Wachsen und
Gedeihen.
Physiologische Vorgänge und Beschwerden
Da die Laktose-Moleküle jedoch zu groß sind, um durch die Darmwand aufgenommen
und über das Blut zu den Körperzellen zu gelangen, müssen sie im Verdauungstrakt
in ihre kleineren Bausteine aufgespalten werden. Der Milchzucker ist ein Zweifachzucker
und besteht aus je einem Teil Glukose (Traubenzucker) und Galaktose (Schleimzucker).
Mithilfe einer »chemischen Schere«, dem
Enzym Laktase, kann der Zweifachzucker
in die beiden Einfachzucker-Bausteine aufgespalten werden, die dann klein genug sind,
die Darmwand zu durchdringen.
Nach dem Abstillen wird im Normalfall keine Milch mehr verzehrt – die Laktase-Produktion
kann also nach und nach eingestellt werden. So ist es bei dem überwiegenden Teil
der erwachsenen Weltbevölkerung völlig normal, dass keine nennenswerte Menge
an Laktase mehr produziert wird – die meisten erwachsenen Menschen sind demzufolge
laktoseintolerant. Es ist schon phantastisch, wie die Natur funktioniert: Wird etwas
nicht mehr benötigt, wird die Produktion eingestellt. Ein weiterer Grund für
diesen Vorgang ist, dass die bei Heranwachsenden eintretende Laktose-Intoleranz ein
Schutz für Neugeborene gegenüber ihren älteren Geschwistern ist:
Würden die Älteren noch Milch saugen wollen, wenn bereits ein kleineres
Geschwister geboren wurde und gesäugt werden soll, so hätten Letztere
zuwenig Nahrung. Wegen der fortschreitenden Unverträglichkeit bei den Heranwachsenden
bekommen diese beim Versuch, noch Milch bei der Mutter trinken zu wollen, rasch
Verdauungsbeschwerden, und die Milchaufnahme wird unterlassen.
Die für die Laktose-Intoleranz
typischen Beschwerden lassen sich leicht
erklären: Laktase wird in der Dünndarmschleimhaut gebildet. Sie sorgt
dafür, dass der Milchzucker aufgespalten wird, sobald er den Dünndarm
erreicht. Fehlt das Laktase-Enzym, wird der Milchzucker nicht aufgespalten und
verbleibt im Dünndarm. Von dort gelangt er mit dem Speisebrei in den Dickdarm.
Hier siedeln Millionen von Bakterien, die den Milchzucker verdauen. Dabei entstehen
als Abfallprodukte Säuren und Gase, u.a. Wasserstoff und Methan. Diese Gase
werden zwar zu einem Teil absorbiert, mit dem Blut abtransportiert und dann über
die Lunge ausgeatmet, ein großer Teil verbleibt jedoch im Darm und erzeugt
Blähungen und Völlegefühl. Die Säuren reizen die Darmschleimhaut,
die sich mit verstärkten Bewegungen (Darmperistaltik) und auch mit Hinzugabe
von Flüssigkeit zum Darminhalt dagegen wehrt, um so die schädlichen Stoffe
möglichst rasch auszuschwemmen. Die Folgen sind
Bauchmerzen durch die starken
Darmbewegungen und
Durchfälle, weil der Stuhl nicht ausreichend eingedickt
werden kann. Im Gegenteil kann aber auch
Verstopfung auftreten, weil die
Balance der Mikrobiota (Darmflora) und/oder die Gesundheit der Darmschleimhaut gestört ist.
Viele weitere Symptome sind möglich, vor allem auch solche, die in der Folge der
bisher angeführten Probleme auftreten, wie u.a.
Müdigkeit oder Kopfschmerzen.
Primäre Laktose-Intoleranz
Nun gab es jedoch vor ca. 4000 Jahren bei der kaukasischen Menschenrasse eine
Veränderung im Erbgut (Mutation), die bewirkte, dass auch mit fortschreitendem
Alter immer weiter Laktase im Dünndarm gebildet wurde. Diese Mutation wurde
in lichtarmen Gegenden verstärkt weitervererbt, denn das Trinken von (Tier-)Milch
hatte hier durchaus einen Vorteil: Für ein gesundes Knochenwachstum ist es
erforderlich, sowohl Kalzium zur Stärkung als auch Vitamin D oder Laktose
als Transportmittel für das Kalzium-Mineral in die Knochenstrukturen aufzunehmen.
Die Aufnahme von Kalzium über die Nahrung stellt kein Problem dar, Vitamin D
kann jedoch schnell fehlen, wenn der Mensch nicht genügend Sonnenlicht bekommt,
denn dieses Vitamin ist das einzige, was der Körper selbst herstellen kann –
vorausgesetzt, es ist genügend Sonnenlicht vorhanden. In den sonnenreichen Gegenden
um den Äquator ist dies der Fall, in den lichtärmeren Gegenden im Norden kann
jedoch schnell ein Vitamin D-Mangel auftreten. Somit muss Vitamin D oder ersatzweise
Laktose über die Nahrung aufgenommen werden, um mit starken Knochen dem Kontrahenten
entgegentreten zu können.
Milch enthält sowohl Kalzium als auch Vitamin D und Laktose. Somit hatten
Menschen in den lichtarmen Gegenden, die aufgrund ihres veränderten Erbgutes Milch auch noch als Erwachsene
vertrugen, ihren Gegnern ohne diese Mutation gegenüber einen Vorteil, sie
überlebten länger, hatten mehr Nachkommen und konnten somit die verändeten
Erbanlagen verstärkt weitergeben. In sonnenreichen Gegenden trug die Mutation
zu keinem strategischen Vorteil bei – es gab dort keine verstärkte
Weitergabe dieser veränderten Genausstattung.
Dies ist der Grund, warum in den nördlichen Gegenden in Nordeuropa und Nordamerika
mehr Menschen Laktose vertragen (laktosetolerant sind) als solche, die laktoseintolerant
sind. In Schwarzafrika und in Asien, also den lichtreicheren Gegenden, sind fast
alle Menschen laktoseintolerant. Und weil dies dort eben vollkommen normal ist,
würde in diesen Ländern auch niemand auf die Idee kommen, milchzuckerhaltige
Nahrung anzubieten oder zu verzehren – alle würden Verdauungsbeschwerden bekommen. Somit
enthält die landestypische Kost dort keinen Milchzucker.
Für laktoseintolerante Menschen, die in Gegenden wohnen, deren Küche
Milchprodukte oder gar Nahrungsmittel mit industriell zugesetztem Milchzucker
enthält, bekommen durch diesen Verzehr die oben beschriebenen Beschwerden.
Und leider werden sie – eben weil sie hier in der Minderheit sind, rasch als
krank betrachtet, denn die Mehrheit bekommt ja schließlich keine Probleme.
In Asien oder Afrika würde niemandem einfallen, einen Menschen als krank zu
bezeichnen, wenn er Nahrungsmittel zu sich nimmt, die alle anderen auch nicht vertragen.
Somit ist es zwar vollkommen natürlich, laktoseintolerant zu sein. An
Laktose-Intoleranz
zu leiden folgt jedoch
nur aus der Tatsache, dass hier bei uns laktoseintolerante Menschen in der
Minderheit sind und deshalb die sich daraus ergebenden Bedürfnisse bei der
Ernährung zuwenig berücksichtigt werden. Es ist also erforderlich, dass
wir auf uns selber achten und nur das essen, was wir vertragen, sprich, uns so
weit wie möglich laktosefrei ernähren, um beschwerdefrei zu bleiben
(zu werden). Zusätzlich gibt es Laktase-Präparate, die die Laktoseverdauung
im Notfall unterstützen können. Und nicht zuletzt sollte darauf geachtet
werden, dass wir unsere Mikrobiota pflegen und die Bakterienbesiedelung in einem
gesunden Gleichgewicht halten, denn dies kann eine gesunde, beschwerdefreie Verdauung
unterstützen.
Bei einer angemessenen Ernährung und mit einer gesunden Mikrobiota ist es möglich,
auch mit Laktose-Intoleranz in einem überwiegend laktosetoleranten Umfeld
beschwerdefrei zu leben.
Eine Heilungsmöglichkeit für die primäre Laktose-Intoleranz besteht
nicht, da die
primäre Laktose-Intoleranz keine Erkrankung, sondern eben
der Normalfall der Natur ist und durch die Erbanlagen bestimmt und gesteuert wird.
Lesen Sie hierzu auch die Antwort auf die Frage »
Ist
Laktose-Intoleranz eine Krankheit?«
Auch eine Behandlung ist aus diesem Grunde nicht möglich, es gibt jedoch
verschiedene Formen, mit der Laktose-Intoleranz umzugehen, um ein beschwerdefreies
Leben zu führen.
Lesen Sie hierzu auch den Beitrag auf der Seite
»Behandlung«
der Laktose-Intoleranz«.
Sekundäre Laktose-Intoleranz
Es gibt neben der primären Laktose-Intoleranz noch eine weitere Form, die
sekundäre Laktose-Intoleranz. Hierbei entsteht die
Milchzucker-Unverträglichkeit infolge von entzündlichen Darmerkrankungen.
Die durch diese Grunderkrankungen hervorgerufenen
Entzündungen können hierbei die Darmschleimhaut soweit schädigen, dass die
Zellen die Laktase-Produktion reduzieren oder sogar ganz einstellen. Sobald die Entzündungen abgeheilt
sind, ist es möglich, dass die Darmschleimhautzellen die Laktase-Produktion
wieder aufnehmen können, was in der überwiegenden Anzahl der Fälle auch
geschieht. Aus diesem Grund wird die sekundäre Laktose-Intoleranz auch
"temporäre Laktose-Intoleranz" genannt.
Als Ursachen für diese Form können u.a. die Zöliakie (Unverträglichkeit von
Gluten mit der Folge von starken Entzündungen der Darmschleimhaut bei
Nichtbehandlung), Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa sein.
Bei einer sekundären Laktose-Intoleranz ist es – genauso wie bei der
primären Form – wichtig, durch eine konsequent laktosefreie Ernährung den
Darm zu schonen. Darüber hinaus muss mit einer angemessenen Behandlung die
entzündliche Grunderkrankung ausgeheilt werden: Bei einer Zöliakie muss
eine absolut glutenfreie Diät eingehalten werden, alle weiten Krankheiten
müssen ebenfalls mit den angepassten Diätformen und ggf. mit Medikamenten
behandelt werden.
Im Gegensatz zur primären Laktose-Intoleranz kann die sekundäre
Laktose-Intoleranz im weitesten Sinne tatsächlich als Krankheit verstanden
werden – zumindest als Begleiterkrankung (Komorbidität) einer anderen,
einer entzündlichen Darmerkrankung. Wird diese geheilt,
besteht auch eine
Heilungschance für die sekundäre Laktose-Intoleranz.
In diesem
Lexikon finden Sie alle Fachbegriffe
rund um das Thema »Laktose-Intoleranz«
Diagnosemethoden zur Ermittlung einer Laktose-Intoleranz
Es gibt verschiedene Methoden, um eine Laktose-Intoleranz sicher zu diagnostizieren.
Im Folgenden sind die verschiedenen Methoden beschrieben. Lesen Sie diese aufmerksam
durch, damit Sie sich auf den Arztbesuch vorbereiten und Sie als aufgeklärter
Patient dem Arzt Rede und Antwort stehen können.
o Verzehr- und Symptomtagebuch (Ernährungstagebuch)
Die einfachste Methode, die Sie selbst anwenden können, ist das
Führen eines Verzehr- oder Ernährungstagebuches über mehrere Wochen. Hierbei muss
alles und jedes aufgeschrieben werden, was wann gegessen und getrunken wird.
In einer weiteren Spalte wird das Befinden aufgeführt, d.h. Sie tragen
hier eventuell auftretende Beschwerden ein. Anhand dieses
Tagebuches können recht schnell die Verursacher von Beschwerden dingfest
gemacht werden. Die Symptome können schon recht kurz nach dem Verzehr
eines unverträglichen Nahrungsmittels auftreten, vielleicht auch erst
nach mehreren Stunden, seltener sogar erst mit einem zeitlichen Versatz von
einem ganzen Tag. Aus diesem Grunde ist es wichtig, das Tagebuch über
einen längeren Zeitraum zu führen. Beachtet werden muss dabei, dass
sich laktosehaltige Nahrungsmittel allein oder gar auf nüchternen Magen
schneller bemerkbar machen, als wenn sie mit anderen Dingen zusammen verzehrt
werden. Weiterhin gilt die Regel: je flüssiger milchzuckerhaltige Speisen
sind, desto schneller zeigen sich Beschwerden. Man entwickelt bald ein Gefühl
für die zeitlichen Zusammenhänge. Stellt sich heraus, dass
Blähungen, Bauchschmerzen oder sogar Durchfall grundsätzlich in
einem zeitlichen Zusammenhang mit dem Genuss von laktosehaltigen Nahrungsmitteln,
Getränken oder auch Medikamenten stehen, ist die Diagnose klar. Verfestigt
werden kann dieser Verdacht jetzt noch mit einer Eliminations-Diät.
Als Hilfestellung können Sie sich hier ein
Formular für ein Verzehrtagebuch
downloaden und ausdrucken, in dem Sie Ihre Eintragungen ganz einfach vornehmen können.
o Eliminations-Diät und Provokationstest
Die Eliminations-Diät nimmt einen Zeitraum von mehreren Wochen in Anspruch.
Hierbei wird meistens mit einigen Fastentagen begonnen, bis man vollkommen
beschwerdefrei ist. Dann fängt man mit einem Lebensmittel an, das über
1-2 Tage verzehrt wird. Treten keine Beschwerden auf, kann man dieses und ein
weiteres Lebensmittel zu sich nehmen. Auf diese Weise steigert man die Anzahl
der Lebensmittel. Sobald Beschwerden auftreten, weiß man sicher, welches
Lebensmittel diese verursacht hat. So kann man die Auslöser für
Unverträglichkeiten und Allergien einkreisen. Bei bestimmten Verdachtsmomenten
kann man nach einer Enthaltsamkeits-Phase, bei der bewusst auf das verdächtige
Lebensmittel verzichtet wird, einen speziellen Provokationstest durchführen,
also hier der gezielte Verzehr von Milch und Milchprodukten bzw. all den
Nahrungsmitteln, die im Tagebuch als Beschwerdeverursacher in Erscheinung
getreten sind. Treten unter dieser Provokation die Beschwerden wieder auf,
gibt es keinen Zweifel mehr an der Ursache.
o Atemtest (Atemgastest)
Bei einem Atemtest wird nach der Einnahme von
einer bestimmten Menge Laktose der Gehalt bestimmter Atemgase gemessen.
Wenn bei laktoseintoleranten Menschen durch das Fehlen oder den Mangel von
Laktase die Laktose unaufgespalten in den Dickdarm gelangt, zersetzen die
dort angesiedelten Bakterien den Milchzucker unter anderem zu Wasserstoff
(H
2) und auch zu Methan (CH
4).
Diese Gase gelangen über die Darmschleimhaut und das Blut in die Lungen
und werden dort abgeatmet. Wird also im Atem ein erhöhter Wasserstoffgehalt
und/oder ein erhöhter Methangehalt
zu einem bestimmten Zeitpunkt
festgestellt, ist die Diagnose Laktose-Intoleranz so gut wie sichergestellt.
Bei einem Atemtest, der in
Kliniken oder speziell ausgerüsteten
Arztpraxen durchgeführt wird, wird auf nüchternen Magen
die erste Konzentration des Wasserstoffs und ggf. des Methans im Atem
als Referenzwert gemessen. Nach der Ermittlung dieses Referenz- oder Nüchernwertes
müssen 50g in 250ml Wasser gelöste Laktose getrunken werden (bei Kindern 2g je kg
Körpergewicht, jedoch nicht mehr als 50g). Im Abstand von jeweils 30 Minuten
werden dann mindestens 4 (besser 6) weitere Tests der Gaskonzentrationen vorgenommen.
Dazu pustet der Patient in ein Messgerät, an dem die Werte abgelesen werden können. Aus dem
Anstieg des Gehaltes von Wasserstoff und ggf. Methan in der Atemluft und der Protokollierung
und Bewertung der Beschwerden – wann und wie heftig treten Blähungen,
Durchfall etc. auf – kann das Ergebnis zweifelsfrei ausgelegt werden.
Es gibt auch
Heimtests, bei denen nicht in ein Messgerät, sondern in vorbereitete Röhrchen
gepustet wird. Diese werden anschließend in ein Labor zur Auswertung gesandt, das die
Ergebnisse später dann dem Patienten mitteilt. Hierbei ist jedoch – wie übrigens auch
bei den Tests in einer Arztpraxis oder der Klinik – eine gute Vorbereitung (Ernährungsrichtlinen u.v.a.m.)
Voraussetzung für eine Belastbarkeit des Ergebnisses.
Bitte lesen Sie hierzu den ausführlichen Beitrag »
Grundlagen
von Atemtests zur Diagnose von Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten und Dünndarmfehlbesiedelung«
o Bluttest
Wie beim Atemtest müssen beim Laktose-Belastungstest nach Abnahme des
Referenz-Blutzuckerwertes auf nüchternen Magen 50g in 250 ml Wasser gelöste
Laktose getrunken werden. Danach werden in 30minütigen Abständen 6
Blutproben genommen. Achten Sie bitte darauf, dass der Arzt die Blutproben aus
der Armbeuge entnimmt – die Messungen aus Kapillarblut aus der Fingerspitze
sind zu ungenau. Wenn der Milchzucker bei einem
vorliegenden Laktasemangel nicht in Glukose und Galaktose aufgespalten wird,
geht kein Zucker (Glukose) in das Blut über. Der Mehrfachzucker Laktose ist zu
groß, um die Darmschleimhaut passieren zu können, dies können
nur die kleineren Einfachzucker-Moleküle Glukose und Galaktose. Fehlt
die Aufspaltung, kann kein oder nur ein geringer Anstieg des Blutzuckers
gemessen werden. Beträgt der Anstieg weniger als 20 ml/dl Blut, kann von
einem Laktasemangel ausgegangen werden. Die Diagnose Laktose-Intoleranz ist
gesichert. Der Vorteil des Bluttestes gegenüber dem Atemtest ist, dass er von jeder
Praxis durchführbar ist und dass er wesentlich weniger Geld kostet.
o Gentest
Beim Gentest, der seit kurzem auch freiverkäuflich in Apotheken angeboten
wird, wird mit einem Wattestäbchen ein Schleimhautabstrich der Mundschleimhaut
entnommen. Das Erbmaterial der so erhaltenen Zellen wird in einem Labor untersucht.
Auf diese Weise kann festgestellt werden, ob eine genetische Veranlagung für Laktose-Intoleranz
(primäre Laktose-Intoleranz) vorliegt oder nicht. Somit kann der Test zum einen
eine absolut sichere Aussage über die Veranlagung zur primären Laktose-Intoleranz
machen und zum anderen ist dieser Test vollkommen belastungsfrei für den
Patienten, denn es muss keine Testlösung wie beim Atemtest
getrunken werden, die meist mit Blähungen und Durchfällen vorübergehend
unangenehme Folgen nach sich zieht.
Keine Aussage kann der Gentest jedoch darüber erteilen, ob die Laktose-Intoleranz
bereits ausgebrochen ist und wie weit die Laktase-Produktion bereits herunter
gefahren wurde. Ebenfalls keine Aussagekraft hat der Test bei sekundärer
(erworbener) Laktose-Intoleranz, denn hier liegt keine genetische Veranlagung vor,
die mit diesem Test ermittelt werden könnte. Da der Test selbst bezahlt werden muss
und nur begrenzt verwendbare Befunde liefern kann, empfiehlt sich der Atemtest immer noch
als aussagekräftigster Test bei Laktose-Intoleranz.
o Dünndarmschleimhaut-Biopsie
Zur Diagnose der Laktose-Intoleranz kann eine Gewebeprobe herangezogen werden,
die mithilfe einer Biopsie aus der Dünndarmschleimhaut entnommen wird.
Da die Laktase in den Zellen der Dünndarmschleimhaut gebildet wird, kann
eine Probe, die während einer Darmspiegelung entnommen wird, begutachtet
werden. Unter dem Mikroskop kann der Spezialist erkennen, ob und in welchem
Maße noch Laktase gebildet wird.
Es gibt jedoch zwei Gründe, warum diese Untersuchungsmethode allein zur
Diagnostik einer Laktose-Intoleranz nicht herangezogen wird:
Zum einen ist es nicht möglich, mit einer Darmspiegelung den gesamten
Dünndarm zu erfassen: Lediglich der obere Teil (bis in den Zwölffingerdarm)
kann im Zuge einer Magenspiegelung erfasst werden. Der untere Teil des
Dünndarms kann bei einer Spiegelung des Dickdarms miterfasst werden.
Der große Hauptteil des Dünndarmes kann von oben oder von unten
nicht mit Sehgeräten und auch nicht mit Werkzeugen zur Probenentnahme
erreicht werden. Es ist zwar heute technisch möglich, mit einer winzigen
Kamera, die wie eine Kapsel geschluckt wird, Bilder des Dünndarmes zu
erfassen, eine Biopsie ist jedoch damit (noch) nicht möglich.
Somit können zwar aus den oberen und unteren Dünndarmabschnitten
Gewebeproben entnommen und untersucht werden, welche Laktase-Aktivität
jedoch im restlichen Dünndarm stattfindet, kann so nicht ermittelt werden.
Zum anderen sind Magen- und Darmspiegelungen eine aufwändige, teure und
vor allem auch für den Patienten sehr belastende Diagnose-Methode. Demzufolge
wird kein verantwortungsvoller Arzt allein zur Feststellung oder zum Ausschluss
einer Laktose-Intoleranz eine Dünndarmschleimhaut-Biopsie durchführen,
da es hier andere Methoden gibt, die die gleiche Aussagekraft haben wie der
Wasserstoff-Atemtest oder der Bluttest (siehe oben).
Sollte diese Untersuchungsform jedoch aus anderen Gründen – beispielsweise
zur Abklärung einer Zöliakie oder anderer entzündlicher Darmerkrankungen,
die häufiger mit einer Laktose-Intoleranz einhergehen – durchgeführt
werden, so ist es sinnvoll, bei einem Verdacht hier eine Probe entnehmen und
untersuchen zu lassen.
»Behandlung« der Laktose-Intoleranz
Sie fragen sich, warum das Wort »Behandlung« in der Überschrift in
Anführungszeichen gesetzt wurde? Wie Sie weiter oben lesen konnten, ist die primäre Laktose-Intoleranz,
um die es sich in der großen Mehrzahl der Fälle handelt, keine Krankheit,
sondern der von der Natur vorgesehene Normalfall. Somit kann diese Form der Laktose-Intoleranz
weder geheilt noch wie eine Krankheit »behandelt« werden.
Es gibt jedoch drei verschiedene Ansätze, mit einer Laktose-Intoleranz umzugehen,
um auch in einem Umfeld von überwiegend laktosetoleranten Menschen und damit
einer hier typischen, laktosehaltigen Ernährungsweise beschwerdefrei leben zu können:
Zum einen ist das die Umstellung auf eine konsequent laktosefreie Ernährung.
Zum anderen kann man nach Laktoseverzehr die im Darm fehlende oder dem Nahrungsangebot
entsprechend unzureichend produzierte Laktase durch Enzym-Präparate zu ergänzen.
Als dritte Möglichkeit kann man versuchen, die Darmflora mit Milchsäurebakterien
anzureichern, deren eigener Stoffwechsel die Laktosespaltung unterstützt.
Lesen Sie hier, welche Vor- und Nachteile die verschiedenen Möglichkeiten haben
und welches Fazit daraus gezogen werden kann.
o Laktosefreie Ernährung
Der »Goldstandard« für eine beschwerdefreie Ernährung bei
Laktose-Intoleranz ist das konsequente Meiden von Milchzucker. Wenn der Körper
keine oder nur noch eine unzureichende Menge Laktase zum Aufspalten des Milchzuckers
herstellt, wäre es natürlich, dass man keinen Milchzucker mehr verzehrt.
Daraus ergeben sich folgende Vor- und Nachteile: Der konsequente Verzicht auf laktosehaltige
Nahrungsmittel garantiert einen absoluten Schutz vor allen Beschwerden, die durch
den unverträglichen Milchzucker hervorgerufen werden. Da es jedoch bei uns
trotz einer Deklarationspflicht von Laktose in verpackten Lebensmitteln nicht so
ganz einfach ist, eine absolute Abstinenz zu garantieren, kann es durchaus sein,
dass trotz aller Bemühungen noch Probleme auftreten.
o Einnahme von Enzym-Präparaten
In den Apotheken, Reformhäusern und Drogeriemärkten werden mittlerweile
diverse Präparate angeboten, die das Laktase-Enzym enthalten, das die fehlende
oder unzureichende eigene Laktase-Produktion unterstützen oder ersetzen kann.
Es gibt Tabletten zum Schlucken oder Kauen, Kapseln oder Pulver, die jeweils
mit dem ersten Bissen der Mahlzeit eingenommen werden müssen. Die Mittel
vermengen sich bereits im Magen mit
den verzehrten Speisen und kommen so mit dem enthaltenen Milchzucker in Berührung
und können ihn aufspalten.
Vorteil ist, dass mit der Einnahme der Laktase-Präparate trotz Laktose-Intoleranz
Milchprodukte und laktosehaltige Speisen – zumindest in Maßen –
verzehrt werden können.
Nachteil ist zum einen, dass es erforderlich ist, vorzuplanen und die nicht ganz
preiswerten Präparate mit sich zu führen. Eine nachträgliche Einnahme
ist nicht wirksam, die Präparate müssen immer mit dem ersten Bissen bzw.
teilweise bei längeren Mahlzeiten zusätzlich noch während des Essens
genommen werden. Darüber hinaus sind die Präparate nicht genauso wirksam
wie die körpereigene Laktase – eine gänzliche Beschwerdefreiheit
ist nicht unbedingt gewährleistet. Die Mittel müssen grundsätzlich
selbst bezahlt werden, die Kosten werden nicht durch die Krankenkassen übernommen.
Lesen Sie hierzu auch den Beitrag zum Thema »
Informationen
zu Laktase-Präparaten«
o Unterstützung der Mikrobiota (Darmflora) mit Pro- und Präbiotika
Als
Probiotika bezeichnet man Darmbakterien, die für den Menschen günstige
Wirkungen entfalten. Hier sind insbesondere Milchsäurebakterien zu nennen,
die selber Laktase produzieren, da sie Milchzucker für ihren
eigenen Stoffwechsel nutzen. Somit kann eine hohe Besiedelung des Darmes mit den
verschiedenen Stämmen von Milchsäurebakterien neben allen anderen positiven
Wirkungen dieser Bakterienarten zu einer Aufspaltung von Milchzucker trotz
Milchzucker-Unverträglichkeit beitragen. Es ist also insbesondere für
laktoseintolerante Menschen wichtig und günstig, die Mikrobiota mit
Milchsäurebakterien anzureichern. Hierzu eignet sich der verstärkte
Verzehr von milchsauer eingelegtem Gemüse wie Sauerkraut, Roter Bete, Mixed
Pickles u.Ä. Darüber hinaus gibt es Präparate aus der Apotheke
und dem Reformhaus, die Milchsäurebakterien enthalten und die Mikrobiota damit
anreichern.
Als
Präbiotika werden Stoffe bezeichnet, die eigentlich für den Menschen
unverdaubar sind, jedoch als »Futter« für
die vorteilhaften Darmbakterien dienen können. Mit dem Verzehr von präbiotischen
Nahrungsbestandteilen wird die Vermehrung der günstigen Darmbakterien unterstützt –
die Darmflora wird somit mit diesen für den Menschen vorteilhaften Bakterienarten
angereichert, die ungünstiger wirkenden oder gar krank machenden werden zurückgedrängt.
Viele pflanzliche Nahrungsmittel wie
z.B. Chicoree, Schwarzwurzeln oder auch die Topinamburknolle enthalten einen hohen
Anteil an präbiotischen Inhaltsstoffen. Präbiotika werden auch als
Präparate zum Einnehmen in Apotheken oder Reformhäusern angeboten. Hier
ist insbesondere das Inulin zu nennen, das eine günstige, verstärkende
Wirkung auf Probiotika haben kann (nicht zu verwechseln mit dem Insulin, das
für die Zuckerverwertung besonders den Diabetikern bekannt ist).
Oftmals werden Kombipräparate
aus Pro- und Präbiotika angeboten. Für empfindliche Menschen sei jedoch
der Hinweis angebracht, dass Präbiotika u.U. selber Unverträglichkeitsreaktionen
hervorrufen können. Eine vorsichtige Dosierung ist also angeraten (lesen Sie hierzu auch den
Beitrag »
Oligosaccharide-Unverträglichkeit«).
Grundsätzlich ist es immer ein großer Vorteil, wenn die Mikrobiota viele
Milchsäurebakterien enthält. Auch für die Laktoseverwertung ist
eine hohe Dichte günstig. Vorteilhaft ist auch, dass Milchsäurebakterien
prophylaktisch eingenommen werden, d.h. sie müssen regelmäßig
zugeführt werden. Somit entfällt eine Einnahme direkt vor einer
milchzuckerhaltigen Mahlzeit. Nachteilig ist jedoch, dass die Methode mit
Milchsäurebakterien
nur unterstützenden Charakter hat – ein
gänzlich unbegrenzter Verzehr von Milchzucker ist nicht möglich, denn
die Stoffwechselleistung der Bakterien ist auf jeden Fall begrenzt.
o Darmgymnastik
Bei der Behandung und zur Vorbeugung unangenehmer Symptome einer Laktose-Intoleranz (wie auch einer jeden anderen Nahrungsmittel-Unverträglichkeit
und bakteriellen Fehlbesiedelungen der verschiedenen Darmabschnitte) ist neben allen oben beschriebenen Maßnahmen
grundsätzlich die kontinuierliche
Bewegung eine unverzichtbare Komponente. Hier und bei allen Verdauungsbeschwerden ist wichtig, dass der
Transport des Speisebreis durch den
Darm so gleichmäßig wie möglich abläuft. Dies wird am besten erreicht mit einer kontinuierlichen Anregung der Verdauungsdrüsen und des Darms.
Dazu eignen sich weniger die wenigen sportlichen Aktivitäten am Abend oder am Wochenende, sondern in möglichst engmaschigen zeitlichen
Abständen durchgeführte Atem- und Bewegungsübungen.
In dem Buch
»Darmgymnastik & mehr
gegen Verdauungsbeschwerden« finden Sie viele Anregungen dazu. Zusätzlich sind Akupressurpunkte aufgeführt, deren Stimulation bei allen
Verdauungsbeschwerden wirksam sind. Weiterhin werden zusätzliche Hilfsmaßnahmen und Hilfsmittel vorgestellt, die die Behandlung von
Verdauungsproblemen effektiv unterstützen können. Und last, but not least, gibt es ein Kapitel mit Fragen, die in meiner Praxis immer wieder
zu diesem Themenkomplex gestellt werden.
o Fazit
Jede der hier aufgezählten Behandlungs-Methoden hat ihre Vor- und Nachteile, und für
die allerwenigsten Menschen mit Laktose-Intoleranz wird eine einzige Methode für
sich allein das Nonplusultra sein. Am besten fährt man sicherlich immer, alle
Methoden sinnvoll zu kombinieren.
Grundsätzlich sollte man bemüht sein, den Laktoseverzehr so weit wie
möglich zu meiden, damit der Darm nicht unnötig gereizt wird. Je konsequenter
man auf den Milchzucker verzichtet, umso weniger Beschwerden treten auf.
Für den Notfall ist es sicherlich sinnvoll, ein hoch dosiertes Laktase-Präparat
dabei zu haben, denn es kann bei aller Bemühung um Konsequenz leider eben doch
ab und an vorkommen, dass sich laktosehaltige Mahlzeiten nicht umgehen lassen oder
man auch nicht verzichten möchte.
Darüber hinaus sollte man immer für eine gesunde Mikrobiota mit einer
hohen Dichte von Milchsäurebakterien sorgen, denn sie begünstigen nicht
nur die Laktosespaltung, auch für das Immunsystem und das Wohlbefinden insgesamt
ist eine günstig zusammengesetzte Darmflora wichtig. Auch der Verzehr von
Nahrungsmitteln mit einem hohen Anteil an präbiotischen Inhaltsstoffen wirkt
sich in den meisten Fällen günstig auf eine gesunde Verdauung aus.
Und besonders wichtig ist die kontinuierliche Bewegung – am besten durch in engmaschigen
Abständen durchgeführte Darmgymnastik, um einen zügigen und gleichmäßigen Transport des
Speisebreis durch den Darm zu gewährleisten und größere Gasansammlungen zu verhindern.
Somit ergibt sich, dass es
meist nicht nur die eine Möglichkeit zum
richtigen Umgang mit der Laktose-Intoleranz gibt – der Königsweg besteht
(zumindest für mich) aus der durchdachten Kombination aller aufgeführten Bausteine.
Lesen Sie auch folgende Beträge:
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Informationen über Milch
Käse – alles Käse?
Empfehlenswerte Literatur:
Das Laktose-Intoleranz Buch
Kurz und klar: Milchzucker-Unverträglichkeit
Darmgymnastik & mehr gegen Verdauungsbeschwerden
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