Sowohl die Zöliakie als auch die Gluten-Unverträglichkeit sind Formen einer Unverträglichkeit
gegenüber dem Getreideeiweiß Gluten (sprich Glutehn, mit Betonung auf der
zweiten Silbe).
Hinweis: Da es viele Gemeinsamkeiten bei den beiden Erkrankungsformen gibt, sind die auf dieser Seite zusammengefasst.
Es gibt aber auch gravierende Unterschiede, weshalb Sie bitte die Erläuterungen in den einzelnen Abschnitten
gut auseinanderhalten müssen. Zur besseren Differenzierung sind die Punkte
immer so einander gegenübergestellt, dass Sie diese Eigenschaften gut zuordnen können.
Gluten ist in den Getreidesorten Weizen, Roggen und Gerste und deren Abkömmlingen
Dinkel, Grünkern, Emmer, Einkorn und Kamut enthalten. Hafer enthält
eigentlich kein Gluten, sondern »nur« ein etwas weniger agressives Protein
(Avenin), durch Verunreinigungen mit anderen Körnern können jedoch
auch in Haferprodukten nennenswerte Glutenmengen enthalten sein. Somit ist auch Hafer
(zumindest aus »normaler« Produktion) für Zöliakie-Betroffene nicht geeignet,
es gibt aber spezielle Haferprodukte, die als »glutenfrei« deklariert werden und
bei denen eine Kontamination ausgeschlossen wird..
Gluten ist auch unter dem Beinamen »Klebereiweiß« bekannt, weil es
beim Backen klebende Eigenschaften hat und u.a. Brotteig zusammenhält und dadurch
beim Backen schön aufgehen lässt. Gebäck aus Getreidearten, die frei von Gluten
sind, ist eher bröckelig und schwerer zu verbacken.
Da vor allem Weizen, aber auch Roggen und Gerste aufgrund dieser günstigen
Eigenschaften als Brot- und Backgetreide, und darüber hinaus auch für
Nudeln und andere Teigwaren vermehrt eingesetzt werden, ist unsere Nahrung sehr
stark glutenhaltig.
Insbesondere der Weizen wurde in den letzten 50 Jahren u.a. mehr
und mehr auf einen hohen Glutengehalt gezüchtet, eben weil das Gluten von der
Nahrungsmittelindustrie die oben beschriebenen, erwünschten Eigenschaften hat.
Ungeachtet der Tatsache, dass der Verzehr großer Gluten-Mengen
für kein menschliches Verdauungssystem vorteilhaft ist – egal, ob man Zöliakie oder
eine Gluten-Sensitivität hat oder nicht – wird dieses hochgezüchtete Getreide ohne
Rücksicht auf die Folgen für die Verbraucher von der Industrie in allen möglichen
Nahrungsmitteln eingesetzt.
Aufgrund der Bindefreudigkeit wird Gluten auch
als technischer Hilfsstoff in allen möglichen Nahrungsmitteln wie Wurst- und
Fleischwaren, Milchprodukten und Käse, aber auch in Gewürzen und Tee
und sogar in Medikamenten verwendet – es gibt keine industriell bearbeitete
Nahrungsmittelgruppe, in der nicht Gluten Verwendung finden könnte und die
garantiert immer frei von Gluten ist.
Gemeinsam haben Zöliakie und Gluten-Sensitivität, dass in beiden Fällen Gluten
unverträglich ist und der Verzehr zu verschiedenen Beschwerden führt. Oftmals sind
es Verdauungsbeschwerden wie Blähungen, häufige Stühle, Durchfälle und/oder
Verstopfung. Aber auch die verschiedendsten diffusen Beschwerden, die man zuerst
gar nicht mit der Ernährung in Verbindung bringt, können durch Glutenverzehr
verursacht werden.
Eine Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung, bei der bereits kleinste
Spuren von verzehrtem Gluten dazu führen, dass sich das Immunsystem gegen die
eigenen Körperzellen – in diesem Falle gegen die Zellen der Dünndarmschleimhaut –
richtet und diese nach und nach zerstört.
Gluten-Sensitivität hingegen ist »nur« eine Nahrungsmittel-Intoleranz
mit allen Merkmalen einer Unverträglichkeit. Insbesondere ist sie mengenabhängig,
d.h. beispielsweise, dass die Intensität der Symptome von der Verzehrmenge abhängig ist. Dies
bedeutet, dass Spuren grundsätzlich und meist auch kleinere Mengen Gluten ohne Probleme
toleriert werden und keine Beschwerden machen. Andere Bezeichnungen für die Gluten-Sensitivität
sind u.a. »nicht-Zöliakie-Weizensensivität«, »non celiac gluten sensitivity«
oder »non celiac gluten sensitive enteropathy«.
Zusammengefasst bedeutet dies: Bei beiden Erkrankungen muss Gluten gemieden werden,
um beschwerdefrei zu bleiben – bei der Zöliakie absolut konsequent, es werden
keine noch so kleinen Glutenmengen vertragen, ohne dass schwere Folgen auftreten.
Bei der Gluten-Sensitivität ist eine weitestgehende Meidung erforderlich,
Gluten-Spuren oder eine der individuellen Toleranzschwelle entsprechende, kleinere
Menge werden jedoch ohne Folgen vertragen.
Ein weiteres Problem, das aber nur scheinbar mit dem Gluten zusammenhängt, könnte eine Weizenallergie sein.
Auch hierzu finden Sie auf dieser Seite einen
Abschnitt mit Hinweisen.
Zöliakie – was ist das?
Sehen Sie auch das Video zum Thema
Zöliakie – was ist das?
Die Zöliakie ist eine Form von Gluten-Unverträglichkeit,
bei der zusätzlich und vor allem zu der Intoleranz von Gluten noch eine
autoimmune
Reaktion des Körpers hinzukommt. Neben den für jede Nahrungsmittel-Unverträglichkeit
typischen Verdauungsbeschwerden wie Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfällen und/oder Verstopfung,
treten hier zusätzlich autoimmune (selbstzerstörerische)
Reaktionen auf, d.h. das Immunsystem erkennt unter der Einwirkung von Gluten die
Dünndarmschleimhaut als Fremdkörper und bekämpft und zerstört deren Zellen.
Wie in der
Abbildung 1 schematisch dargestellt, ist die Darmschleimhaut des Dünndarms
in die Schleimhautzotten (1) aufgefaltet, und diese Zotten weiter in die so genannten
Mikrovilli (2), um eine größtmögliche Fläche zur Aufnahme der Nährstoffe zu erreichen.
Wenn bei einer Zöliakie-Erkrankung weiterhin Gluten aufgenommen wird, flachen zuerst
die Mikrovilli ab (3), und später sind sowohl die Mikrovilli (4) als auch die
Schleimhautzotten je nach Ausprägung der Erkrankung so gut wie gänzlich zerstört (5).
Grundsätzliches lesen Sie auch in dem Beitrag »
Die Darmschleimhaut – Aufbau, Funktion, Pflege und Sanierung«.
Ist die Schleimhaut dermaßen geschädigt, treten
logischerweise Defizite bei der Ernährung auf, der Patient nimmt meist stark an
Gewicht ab, und auch die Aufnahme von Vitaminen und Mineralstoffen ist mangelhaft.
Hieraus resultieren diverse Symptome und teilweise auch schwere Folgeerkrankungen.
Da zum einen Gluten in so gut wie allen Nahrungsmittelgruppen enthalten
sein kann und zum anderen die auftretenden Symptome neben den Verdauungsproblemen
sehr diffus sein können, ist der Zusammenhang von Beschwerden mit einem bestimmten Verursacher
oftmals schwer herzustellen. Meistens haben die Betroffenen einen recht langen
Leidensweg hinter sich, bevor die Diagnose »Zöliakie« gestellt wird.
Meist wird eine Zöliakie erst nach mehreren Jahren diagnostiziert
– teilweise können auch wesentlich längere Zeiträume erinnert werden.
Im Zuge einer unbehandelten Zöliakie treten sehr häufig auch andere
Unverträglichkeiten wie Laktose- und/oder Fruktose- und Sorbit-Intoleranzen
auf, weil die geschädigten Darmschleimhautzellen die für die Verdauung
dieser Kohlenhydrate erforderlichen Enzyme oder Transportproteine nicht mehr oder
nicht mehr ausreichend herstellen können. Hier liegt dann jeweils die
sekundäre Erkrankungsform vor, die jedoch häufig reversibel ist, sobald
sich die Darmschleimhautzellen regeneriert haben.
Zöliakie-Patienten leiden häufig auch an anderen Autoimmunerkrankungen. Hier sind u.a.
die Hashimoto-Thyreoiditis oder Morbus Basedow (entzündliche Autoimmunerkrankungen Schilddrüse),
Rheuma, Diabetes oder die Hauterkrankung Morbus herpetiformis duhring zu nennen.
Aus diesem Grund ist es immer vorteilhaft, sich bei einer Zöliakie-Erkrankung
begleitend gründlich untersuchen zu lassen.
Fachausdrücke für Zöliakie sind auch »Glutensensitive
Enteropathie« oder »Einheimische Sprue«, wobei der Ausdruck »Sprue«
(sprich Spruh) früher nur für Erwachsene benutzt wurde. Heute wird jedoch
die Bezeichnung Zöliakie sowohl für Kinder als auch für erwachsene
Erkrankte einheitlich benutzt. Neben dem Auslöser Gluten ist die Ursache der
Erkrankung genetisch bedingt und kann bis heute noch nicht ursächlich behandelt, d.h.
geheilt werden. Die einzig wirksame Behandlung der Zöliakie besteht in der konsequenten
Meidung von jeglichem Glutenverzehr (lesen Sie bitte auch den Abschnitt
»Behandlung der Zöliakie«).
Die Anzahl der Betroffenen kann nur sehr schwer benannt
werden, denn es gibt aufgrund der verzögerten Diagnosestellung und dem oftmals
besonders bei Erwachsenen schleichenden Beginn der Erkrankung eine sehr
große Dunkelziffer – geschätzt wird, dass in Europa etwa einer
von 100-500 Bürgern von Zöliakie betroffen ist.
Gluten-Sensitivität – was ist das?
Früher, als die Nahrung der Menschen neben etwas erjagtem Fleisch vor allem
aus gesammelter pflanzlicher Nahrung bestand, wurden nur wenige Getreidekörner
verzehrt. Die Getreidesorten trugen damals auch nur einzelne Körner (daher
der Name der Weizen-Urform »Einkorn«). Die dicken, schweren Ähren,
wie wir sie heute kennen,
wurden erst in der Neuzeit gezüchtet, als mit der Sesshaftigkeit verstärkt
Ackerbau betrieben wurde. Durch die nun leichtere Ernte enthielt die Nahrung vermehrt
Getreide, insbesondere Weizen, und damit mehr und mehr Gluten.
Da das Verdauungssystem von Menschen auch ohne eine Zöliakieveranlagung nicht
auf solche Glutenmengen eingerichtet ist – und schon gar nicht auf die
drastisch gestiegenen Mengen durch die Neuzüchtungen des Weizens in den letzten
50 Jahren – gibt es immer mehr Menschen, die Probleme
damit haben: sie leiden an einer Gluten-Sensitivität (Gluten-Unverträglichkeit)
mit allen auch von anderen Intoleranzen bekannten Problemen. Diese sind neben
anderen Symptomen vor allem Blähungen, Bauchschmerzen,
Durchfällen und/oder Verstopfung. Die Beschwerden sind, wie bei allen anderen
Unverträglichkeiten auch,
mengenabhängig, d.h. je mehr Gluten verzehrt wird, desto
heftiger sind die Folgen. Sie verschwinden relativ schnell
mit dem Einschränken oder gänzlichen Meiden von glutenhaltigen Getreideprodukten,
ohne dauerhafte, körperliche Schäden zu hinterlassen.
Auch oder gerade weil die Symptome sehr unangenehem sein können, wird die
Gluten-Sensitivität oftmals mit einer Zöliakie verwechselt. Es bestehen jedoch
sehr wichtige Unterschiede zwischen diesen beiden Erkrankungen:
Bei einer Gluten-Sensitivität wie auch bei einer Zöliakie ist der Verzehr von Gluten
der Auslöser von (Verdauungs)beschwerden. Bei der Zöliakie jedoch wird aufgrund
einer autoimmunen Reaktion des Körpers unter Glutenverzehr die Dünndarmschleimhaut
geschädigt. Dies ist bei einer Gluten-Sensitivität nicht der Fall.
Auch unter Glutenverzehr bleibt bei einer Gluten-Sensitivität die Schleimhaut des
Dünndarms mit ihren Darmzotten und der in die so genannten Mikrovilli weiter
aufgefalteten Oberfläche im Großen und Ganzen gesund (siehe
Abbildung 2).
Lediglich bei lang anhaltendem und exzessivem Glutenverzehr kann sich – wie
bei allen Intoleranzen, bei denen man die adäquate Ernährung missachtet –
die Darmflora durch die enstehenden Abfallprodukte (Gase und Säuren) nachteilig
verändern, was eine Reizung der Darmschleimhaut nach sich ziehen kann. Eine Abflachung
der Darmzotten und Mikrovilli gibt es aber nicht.
Wenn Sie also trotz Vorliegens einer Gluten-Sensitivität in geringen Maßen
Weizen-, Roggen-, Gersten- oder andere
Gluten-haltige Nahrungsmittel zu sich nehmen, wird Ihnen außer mehr oder weniger
unangenehmen Verdauungsproblemen nicht viel passieren. Bei einer Zöliakie hingegen
erleiden die Patienten nachhaltige Schädigungen, deren Regeneration je nach Ausprägung
Wochen bis Monate in Anspruch nimmt.
Somit ist festzuhalten: Eine Gluten-Sensitivität ist – genauso wie andere
Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten – unangenehm und bedeutet
Einschränkungen in der Nahrungsauswahl. Jedoch kann der Patient mit Gluten-Sensitivität
bei entsprechender Diät vollkommen beschwerdefrei werden und bleiben.
Diagnose der Zöliakie
Die Diagnose einer
Zöliakie wird
unter einer glutenhaltigen Kost mithilfe der
Bestimmung von Antikörpern gegen das Enzym
Tissue-Transglutaminase (tTg) und
der
Endomysium-Antikörper (Ema-Ak) im Blut gestellt.
Weiterhin muss eine Dünndarmbiopsie durchgeführt werden, bei der im Zuge
einer
Magenspiegelung der obere Teil des Dünndarms, der Zwölffingerdarm, betrachtet
wird und dabei die Qualität der dortigen Schleimhaut begutachtet wird.
Im Zuge dieser Spiegelung werden Proben der Dünndarmschleimhaut entnommen und
histologisch begutachtet. Der Zustand der Darmzotten und Krypten wird mithilfe der
Marsh-Kriterien bewertet, die von 0 (gesund) bis 3c (vollständig abgeflacht) reichen.
Im Zusammenhang mit den Antikörper-Werten kann dann eine sichere Diagnose gestellt werden.
In der
Abbildung 1 entsprechen die Kennzeichnungen Nr. 1 und Nr. 2 der Marsh-Kategorisierung 0,
also einer gesunden Schleimhaut.
Die Kennzeichnung Nr. 3 enspricht etwa dem Marsh-Kriterium 1. Die Kennzeichnungen
Nr. 4 und Nr. 5 entsprechen etwa dem Marsh-Kriterium 3c, also einer gänzlich abgeflachten
Dünndarmschleimhaut. Die anderen Stufen sind in dieser Abbildung nicht dargestellt.
Wichtiger Hinweis: Eine vorsorglich vor der Diagnostik auf eigenen Faust eingehaltene glutenfreie Kost
würde die Diagnose unmöglich machen, weil die Antikörperaktivität unter
der glutenfreien Kost abnimmt und sich die Darmschleimhaut schon wieder regenerieren
kann. Somit ist die Diagnostik immer nach einer längeren Zeit (mindestens 6 Wochen)
mit glutenhaltiger Normalkost vorzunehmen.
Wenn Beschwerden mit Glutenverzehr in Verbindung gebracht werden, die Zöliakie-Diagnostik
aber negativ ausgefallen ist, kann ausgetestet werden, ob eine Gluten-Sensitivität vorliegt.
Bitte lesen Sie hierzu den Abschnitt
»Diagnose der Gluten-Sensitivität«.
Dabei wird mithilfe einer weitestgehend glutenfreien Kost (Karenz) und dem gleichzeitigen
Führen eines Verzehr- und Symptomtagebuchs
ausgetestet, ob eine Gluten-Unverträglichkeit ohne Zöliakie vorliegt.
Diese Diagnostik darf aber – wie gesagt – erst druchgeführt werden, wenn aufgrund des Schleimhautbefunds
und der Antikörper-Werte
eine Zöliakie ausgeschlossen ist.
Zuvor sollte jedoch auch unbedingt getestet werden, ob andere Unverträglichkeiten
wie eine Laktose-Unverträglichkeit und/oder Fruktose-Malabsorption vorliegen, um diese
Verursacher von Beschwerden auszuschließen oder zu diagnostizieren.
Lesen Sie hierzu die Beiträge
Diagnose-Methoden zur Ermittlung einer Laktose-Intoleranz
und
Diagnose-Methoden zur Ermittlung einer Fruktose-Intoleranz
Im Gegensatz zur Zöliakie ist bei der Gluten-Unverträglichkeit weder
eine abgeflachte Darmschleimhaut noch eine Erhöhung der tTg-Antikörper
festzustellen. Und wie bei jeder anderen Unverträglichkeit auch werden Spuren
oder sogar kleinere Mengen des unverträglichen Stoffs, in diesem Falle von
Gluten, die in vielen Nahrungsmitteln enthalten sind, problemlos toleriert, so
dass ein absolutes Meiden nicht erforderlich ist Bitte lesen Sie hierzu den Abschnitt
»Behandlung der Gluten-Sensitivität«.
Behandlung der Zöliakie
Bei der Zöliakie besteht die wichtigste Behandlungsform im Meiden von
Gluten – hier und ein
absolutes, striktes Meiden erforderlich. Selbst
kleinste Spuren von Gluten führen nicht nur unweigerlich wieder zu Beschwerden,
zusätzlich wird auch die Darmschleimhaut weiter oder wieder geschädigt,
weil der autoimmune Zerstörungsprozess sofort wieder einsetzt. Sobald die
Nahrung keinerlei Gluten mehr enthält, kann sich die geschädigte Darmschleimhaut
wieder regenerieren, was je nach Vorschädigung allerdings Monate bis sogar
Jahre dauert. In besonders schweren Fällen, in denen eine jahrzehntelange
Schädigung durch eine unentdeckte Zöliakie vorliegt, wird sich die
Darmschleimhaut eventuell nicht wieder bis zu ihrer vollen Stärke, sondern
nur zum Teil, trotzdem aber immer deutlich, regenerieren können. Auch die Werte der Zöliakie-Antikörper gehen unter
konsequentem Glutenverzicht zurück.
Somit müssen Sie bei einer Zöliakie immer die Hinweise auf den Lebensmittelverpackungen
studieren. Die Deklaration von Gluten ist auf Nahrungsmitteln gesetzlich vorgeschrieben,
sofern nicht ein Glutengehalt durch die aufgeführten Inhaltsstoffe Weizen,
Roggen und/oder Gerste auf der Hand liegt (siehe auch Abschnitt »Spezielle Nahrungsmittel«).
Bei unverpackten Produkten (beim Bäcker, Metzger oder an Imbissbuden und in Restaurants
und Kantinen) müssen Menschen mit Zöliakie immer nach den ausliegenden oder -hängenden Listen fragen und schauen, ob die
Nahrungsmittel Gluten enthalten. Seit Dezember 2014 ist im Verkauf offener
Lebensmittel das Auslegen dieser Listen mit Inhaltsstoffen gesetzlich verpflichtend.
Im Zweifelsfalle, wenn man nicht genau ermitteln kann, ob ein Glutengehalt möglich
ist, ist es immer besser, sich für eine Alternative zu entscheiden.
Wenn jedoch in einem Geschäft (insbesondere bei einem Bäcker) auch glutenhaltige Lebensmittel offen angeboten werden,
ist es ratsam, dort nur verpackte glutenfreie Produkte zu kaufen, denn ansonsten wäre
eine Kontamination nicht zuverlässig auszuschließen.
Zusätzlich zur absoluten Glutenkarenz sind bei einer Zöliakie oftmals auch begleitende,
vorübergehende Nahrungsergänzungen mit Vitaminen und/oder Mineralstoffen
erforderlich, solange die geschädigte Darmschleimhaut noch nicht in der Lage
ist, die Nahrung korrekt und gänzlich zu verdauen. Hier ist immer eine genaue
Diagnostik durch den behandelnden Arzt erforderlich, um dann die fehlenden Vitalstoffe
zu identifizieren und gezielt zu verordnen. Von einer Eigenbehandlung »nach
dem Gießkannenprinzip« ist dringend abzuraten, vor allem auch, weil hier
unbedingt streng glutenfreie Präparate erforderlich sind.
Wenn durch die vorangegangene Schädigung der Dünndarmschleimhaut weitere
Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten wie z.B. eine Laktose- und/oder Fruktose-Malabsorption
entstanden sind, ist diesen selbstverständlich – zumindest bis zu deren
Abklingen – mit einer adäquaten Ernährung zu begegnen. Lesen Sie hierzu bitte
die Beiträge
»Behandlung« der Laktose-Intoleranz
und
»Behandlung« der Fruktose-Intoleranz (Fruktose-Malabsorption).
Ein wichtiger Hinweis zu Enzym-Ergänzungsmitteln, die gegen Probleme in Verbindung mit
Gluten eingesetzt werden: Auch wenn es eventuell den Anschein hat (wobei
die Hersteller diesen Anschein aus meiner Sicht nicht unbedingt zerstreuen wollen), dass solche Präparate auch bei einer Zöliakie helfen könnten, möchte ich hier ausdrücklich
warnen. Präparate, die helfen sollen, Gluten abzubauen, eigenen sich nicht bei einer Zöliakie, denn hier würden unvollständig abgebaute Glutenreste diese Autoimmunerkrankung
trotzdem weiter oder wieder befeuern. Bei einer Gluten-Sensitivität jedoch kann ein solches Präparat u.U. hilfreich sein. Bitte lesen Sie hierzu den Beitrag
»
Zöliakie und Gluten-Unverträglichkeit (Gluten-Sensitivität)«.
Diagnose der Gluten-Sensitivität
Die Diagnose einer
Gluten-Senstitivität kann erst
nach einer Zöliakie-Diagnostik
durchgeführt werden (bitte lesen Sie hierzu den Abschnitt
»Behandlung der Zöliakie«).
Dies bedeutet, dass Sie unter einem normalen, mindestens 6-wöchigen Glutenverzehr
Ihre Antikörperwerte im Blut bestimmen lassen müssen. Weiterhin muss eine Spiegelung
des Magens und im gleichen Zuge eine Spiegelung des Zwölffingerdarms mit mehreren
Biopsien (Probeentnahmen) der dortigen Schleimhaut vorgenommen werden.
Erst, wenn ermittelt wurde, dass keine der Zöliakie-typischen Antikörper im Blut
vorhanden sind und Ihre Darmschleimhaut – so wie auf der
Abbildung 2 dargestellt – gesund ist, die
Beschwerden aber eindeutig mit dem Glutenverzehr in Verbindung gebracht werden,
kann mithilfe einer weitestgehend glutenfreien Kost (Karenz)
ausgetestet werden, ob eine Gluten-Unverträglichkeit
ohne Zöliakie vorliegt.
Wie bei der Zöliakie sollten zuvor auch mit geeigneten Tests (Wasserstoff- und Methan-Atemtest)
ermittelt werden, ob andere Unverträglichkeiten vorliegen.
Zur Diagnose der Gluten-Sensitivität ist das Führen eines Verzehr- und Symptomtagebuchs
(Ernährungstagebuch) über mehrere Wochen erforderlich. Sie müssen dabei sämtliche
verzehrten Nahrungsmittel, Getränke und Medikamente
und die eventuell auftretenden Beschwerden protokollieren. Dabei müssen Sie natürlich
weiterhin Gluten verzehren, um den Zusammenhang zwischen den Beschwerden und dem
Glutenverzehr herstellen zu können. Einen kostenlosen Vordruck für ein Ernährungstagebuch finden Sie
auf dieser Website unter dem Menüpunkt
»Downloads«.
Erst wenn nach einem
negeativen Zöliakiebefund aus dem Ernährungstagebuch ein zeitlicher Zusammenhang
zwischen Glutenverzehr und Beschwerden erkennbar ist, ist die Diagnose »Gluten-Sensitivität«
wahrscheinlich und ein Minimieren des Glutenverzehrs sinnvoll.
Behandlung der Gluten-Sensitivität
Bei der Gluten-Unverträglichkeit ist es erforderlich, den Verzehr von Gluten
weitestgehend zu meiden. Spuren von Gluten werden immer und kleinere Mengen
je nach Ausprägung der individuellen Toleranzschwelle
in den allermeisten Fällen toleriert, ohne dass Beschwerden auftreten.
Analog zu den Ausführungen im Abschnitt
»Behandlung der Zöliakie«
müssen Sie sich auch bei einer Gluten-Sensitivität immer informieren, ob
in den vor Ihnen gekauften Nahrungsmitteln Gluten enthalten ist. Steht dort allerdings
lediglich ein Hinweis, dass das Produkt »Spuren von Gluten enthalten kann«,
so ist ein Verzehr dieses Nahrungsmittels bei Gluten-Sensitivität unbedenklich.
Verzehrt man versehentlich (oder wissentlich) Gluten, folgen die bekannten Probleme
wie Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfälle und/oder Verstopfung, die jedoch nach
kurzer Zeit verschwinden, sobald der Glutenverzehr unterbleibt. Gravierendere
Probleme oder gar Folgeerkrankungen gibt es nicht.
Da bei einer Gluten-Sensitivität im Gegensatz zur Zöliakie keine Schädigung
der Dünndarmschleimhaut vorliegt, sind behandlungsbedürftige Mangelerscheinungen
nicht zu erwarten. Hier mit Nahrungsergänzungsmitteln zu arbeiten – erst
recht in eigener Regie – ist in den allermeisten Fällen nicht erforderlich.
Weizenallergie
Neben der Zöliakie und der Gluten-Sensitivität kann es einen weiteren Grund geben,
wenn Patienten nach dem Verzehr von Weizen mit Verdauungsbeschwerden oder sonstigen
Symptomen reagieren: die Weizenallergie.
Bei der Weizenallergie können verschiedene Proteine (z.B. Gluten oder Gliadin) des
Weizens allergen wirken. Um hier die Unterschiede zur Zöliakie und zur
Gluten-Sensitivität zu entwirren, möchte ich ein wenig ausholen:
Bei der
Weizenallergie lernt das Immunsystem zunächst unbemerkt während
einer Sensibilisierungsphase spezifische, nur für dieses Allergen »passende«
Antikörper (das entsprechende Weizenprotein) zu bilden, die
dann später nach Ausbruch der Allergie bei Verzehr des Allergens sofort
in Mengen produziert und ausgeschüttet
werden. Dabei ist die Menge des verzehrten Allergens so gut wie unerheblich
(Mengenunabhängigkeit) – es können manchmal auch bei sehr kleinen Weizenmengen
(Spuren) massive allergische Reaktionen auftreten bis hin zum lebensbedrohlichen,
anaphylaktischen Schock. Die Symptome können neben
Verdauungsbeschwerden überall im Körper auftreten, zu nennen sind hier u.a. laufende Nase, tränende Augen,
asthmatische Beschwerden, Ekzeme, Kopfschmerzen und viele andere. Es besteht also
eine Ortsunabhängigkeit.
Die Weizenallergie kann mit den üblichen Methoden für Allergien diagnostiziert werden.
Hier ist vor allem der Prick-Test zu nennen, bei dem das Allergen in einer Lösung
auf die Haut des Unterarms getropft wird. Anschließend ritzt man mit einer feinen Nadel die
Haut unter diesem Tropfen an, um das Allergen in die Haut zu bringen.
Danach wird über Stunden und Tage beobachtet, ob und in welchem Maße sich die Haut um diese Stelle
rötet oder sogar Quaddeln bildet. Je intensiver die Reaktion ausfällt, desto
ausgeprägter ist die Allergie. Weiterhin trägt eine Blutuntersuchung, bei der
bestimmte Parameter (IgE) bestimmt werden, zur Diagnosefindung bei.
Wie bei der Gluten-Sensitivität werden bei der Weizenallergie die Zellen der Darmschleimhaut
nicht zerstört. Bei unkontrolliertem Weizenverzehr können jedoch neben den allergie-typischen,
teils schweren Problemen auch die Darmflora geschädigt und in diesem Zuge die
Darmschleimhaut zumindest gereizt werden.
Ein konsequenter Verzicht auf weizenhaltige Nahrungsmittel ist also auch dann
unerlässlich, wenn die allergischen Symptome moderat ausfallen.
Eine Allergie auf Weizen betrifft in den überwiegenden Fällen Kinder. Ein Grund
dafür könnte sein, dass Kinder im Vergleich zu Erwachsenen noch eine eingeschränktere
Lebensmittelauswahl haben, so dass sich hier ein noch nicht vollständig ausgereiftes
Verdauungssystem mit diesen wenigen Lebensmitteln auseinandersetzen muss, die
oftmals auch noch ein sehr hohes allergenes Potenzial aufzeigen. Aus dem gleichen
Grund sind bei Kindern auch gehäuft Allergien auf Kuhmilcheiweiß zu beobachten.
Interessant ist, dass sich diese kindlichen Nahrungsmittel-Allergien häufig unter
einer strengen Karenz bis etwa zum Schuleintritt zurück entwickeln und anschließend
vorsichtig und in kleinen Mengen die ehemals problematischen Lebensmittel wieder
verzehrt werden können, was sich im Umkehrschluss auf das reifende Verdauungssystem
und eine umfangreicher werdende Nahrungsmittelpalette zurückführen lassen könnte. Solche
»Heilungen« sind bei Allergien von Erwachsenen nicht zu beobachten.
Zu bedenken geben möchte ich abschließend folgendes: Der Weizen ist in seiner in
den letzten 5 bis 6 Jahrzehnten hochgezüchteten Form ein relativ unbekömmliches Nahrungsmittel
geworden – insbesondere durch seinen im Vergleich zu der Ursprungsform rasant
gestiegenen Glutengehalt. Ihn gänzlich zu meiden, ist bei einer Zöliakie und einer
Weizenallergie natürlich zwingend erforderlich, und auch bei einer Gluten-Sensitivität
müssen Weizen und andere glutenhaltige Getreidesorten weitestgehend minimiert werden.
Aber auch Menschen, die scheinbar (noch) keine Probleme mit dem Weizen haben, sollten
überlegen, ob ein potenziell allergen oder in vielen anderen Weisen unbekömmlich
oder sogar krank machend wirkendes Nahrungsmittel in den Mengen konsumiert werden
sollte, wie es bei uns leider in immer höherem Maße üblich wird. Hier trägt leider
auch die Nahrungsmittel-Industrie eine hohe Mitschuld, denn Weizen und Weizenbestandteile,
die zudem als Vollkornvariante den Ruf eines »gesunden« Nahrungsmittels
haben, finden als billige Zutat in so gut wie allen Nahrungsmittel-Gruppen ihren Einsatz.
Dies könnte auch ein Grund sein, warum die Weizenallergie neben der oben angesprochenen
Erkrankung im Kindesalter in letzter Zeit auch mehr und mehr bei Erwachsenen
zu beobachten ist. Es ist bekannt, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen einem einseitig
und in großer Menge verzehrten Lebensmittel und dem Auftreten der entsprechenden
Allergie. Dadurch, dass Weizen in industriellen inzwischen
Produkten allgegenwärtig ist und unsere Nahrung immer einseitiger und immer
weizenhaltiger wird, lässt sich ein Verzehr nur mit einer sehr bewussten
Ernährungsweise vermeiden oder zumindest auf ein verträgliches Maß minimieren.
So verwundert es nicht, dass Weizenallergien im Vormarsch sind.
Ein in diesem Zusammenhang empfehlenswertes Buch ist der Titel »Weizenwampe« von Dr. med. William
Davis. Er kommt hier zwar sehr dogmatisch zu dem Fazit, dass Weizen IMMER schädlich
sei, und empfiehlt einen generellen Verzicht. Zu dieser Schlussfolgerung möchte
ich in dieser Ausschließlichkeit so nicht kommen, jedoch sind die Hintergründe,
die in diesem Buch geschildert werden, auf jeden Fall interessant. Vor allem aber
regen die Gedanken, die Davis sich über den Weizen macht, zu einer intensiveren
Auseinandersetzung mit diesem Nahrungsmittel an. Lesen Sie hierzu bitte auch meine
Buchrezension.
Spezielle Nahrungsmittel
Mittlerweile hat auch die Nahrungsmittelindustrie die Zöliakie-Betroffenen und Menschen
mit Gluten-Sensitivität als potenzielle Käufergruppe erkannt und bietet eine immer größer
werdende Menge an glutenfreien Produkten an. Diese sind gekennzeichnet durch ein
Symbol mit der durchgestrichenen Ähre.
Neben einem erfreulicherweise immer größer werdenden, explizit als glutenfrei
gekennzeichneten Lebensmittel-Angebot auch in den Supermärkten haben sich
zusätzlich diverse Unternehmen auf den Versand von glutenfreien
Produkten spezialisiert – teilweise als Teilbereich von Versandhäusern
für Menschen mit allen möglichen Allergien. Hier sind dann mit dem Filter
»Gluten« die benötigten Produkte auswählbar. Und natürlich
können auch Mehrfachfilter gesetzt werden, wenn neben der Zöliakie oder
Gluten-Unverträglichkeit noch weitere Intoleranzen vorliegen. Empfehlenswert
sind (neben vielen anderen):
Foodoase: www.foodoase.de
Glutenfrei genießen: www.glutenfreigeniessen.de
Hammermühle: www.hammermuehle-shop.de
Querfood-Versand: www.querfood.de
Deutsche Zöliakie Gesellschaft
Deutsche Zöliakie Gesellschaft e.V.
Sich weitestgehend oder sogar wirklich völlig glutenfrei zu ernähren, ist insbesondere am Anfang
gleich nach der Diagnose gar nicht so einfach. Auch wenn es gesetzlich vorgeschrieben
ist, auf verpackten Nahrungsmitteln einen Glutengehalt zu deklarieren, können
doch Kontaminationen auftreten, die (unbeabsichtigt) nicht ersichtlich sind. Und
es passiert auch gar nicht so selten, dass man einen deklarierten Glutengehalt
auf den meist sehr klein gedruckten Zutatenlisten schlichtweg übersieht.
Aus diesem Grund ist es zumindest für Zöliakie-Patienten ratsam, als Betroffener
Mitglied bei der Deutschen Zöliakie
Gesellschaft e.V. zu werden (
www.dzg-online.de).
Diese Vereinigung gibt jedes Jahr eine Liste mit all jenen Produkten in Buchform und als App heraus, die
kein Gluten enthalten und unbedenklich verzehrt werden können (Positiv-Liste).
Für diese Liste gibt es quartalsweise kleinere Updates, so dass man immer sicher
sein kann, wirklich auf dem aktuellen Stand zu sein.
Auch bei einer Gluten-Unverträglichkeit empfiehlt sich – zumindest für
eine erste Zeit – die Mitgliedschaft bei der DZG, damit man in die glutenfreie
Kost hinein findet und Fallen vermeiden kann.
Weiterhin gibt die DZG auch unersetzliche Tipps – vor allem für die erste
Zeit nach der Diagnose, aber auch für das Zusammenleben (und Zusammenessen)
mit Nichtbetroffenen. Darüber hinaus kann man sich in einem Forum mit anderen
Betroffenen austauschen. Gerade, wenn die nicht ganz einfache Diagnose
erst einmal »verdaut« werden muss, können Tipps von »alten Hasen«
sehr gut weiterhelfen.
Falls es eine Gruppe in Ihrer Nähe gibt, kann ich Ihnen auch den Besuch einer
Selbsthilfegruppe für Betroffene von Zöliakie und Gluten-Sensitivität empfehlen, um sich hier mit
erfahrenen »Zölis« austauschen zu können. Die DZG sendet Ihnen auf Anfrage
Adressen von Gesprächsgruppen in Ihrer Nähe zu.
Lesen Sie bitte weiterhin folgende Beiträge:
Multiple Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten
Darmschleimhaut – Aufbau, Funktionen, Pflege und Sanierung
Enzyme
Empfehlenswerte Literatur:
Zöliakie und Gluten-Sensitivität
Empfehlung:
Eine zusätzliche Hilfe bei der Ermittlung geeigneter Lebensmittel stellt die
»
DorisPaas.de – Lebensmittel-Datenbank« dar.
Informieren Sie sich hier.
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