Letzte Aktualisierung: 12.2.2023

Interessante gesetzliche Bestimmungen

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Aufgerüttelt durch die ständig steigende Anzahl von Betroffenen mit Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten versucht der Gesetzgeber, in immer kürzeren Abständen neue Bestimmungen zu erlassen, um diesen Erkrankungen zu begegnen. Leider ist der Erfolg nur selten erkennbar, denn auf der einen Seite setzt die Nahrungsmittelindustrie als eine große, starke Lobby allzu häufig ihre eigenen Interessen durch – und dies meist zum krassen Nachteil des Verbrauchers.

Auf der anderen Seite ist Deutschland der Gesetzgebung der Europäischen Union unterworfen, so dass bei neuen gesetzlichen Bestimmungen nicht selten der kleinste gemeinsame Nenner das Ergebnis ist. Dadurch ergibt sich mit neuen Gesetzen oftmals ein schlechterer Schutz für den Verbraucher, als dies vor dem Erlass einer neuen Regelung der Fall war.

An dieser Stelle werden sukzessive die gesetzlichen Bestimmungen zusammengetragen, die für Betroffene mit Nahrungsmittelallergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten relevant sein können.

An bestimmten Stellen habe ich eigene Kommentare eingefügt, die zur Verdeutlichung jeweils durch Kursiv-Schrift gekennzeichnet sind.




Allgemeines
 
Deklarationspflicht 1 lesen

Deklarationspflicht 2 (13.12.2013) lesen

Deklarationspflicht 3 (13.12.2014) lesen

Nahrungsmittelzusatzstoffe
E-Nummern
AID-Wert
Gute Herstellungspraxis
lesen

Bio-Siegel für Nahrungsmittel lesen

Funktionelle Nahrungsmittel (functional food)
und Nahrungsergänzungsmittel
lesen



Spezielle Bestimmungen (chronologisch geordnet)

Mehrbedarf wegen Laktose-Intoleranz bei SGB II (Hartz IV)-Leistungen (5.4.2012) lesen
Regelung zur Nutzung von »Health Claims« (14.12.2012) lesen

Gentechnik in der Nahrungsmittel-Produktion (2012) lesen

Zulassung von Stevia als Lebensmittelzusatz (2.12.2011) lesen

Genehmigung zum Anbau der Genkartoffel »Amflora« (27.4.2009)
und deren Rücknahme (13.12.2013)
lesen

Verbot von genverändertem Mais »Mon 810« in Deutschland (14.4.2009) lesen

Verbot bestimmter Pestizide und Ausbringungsarten (13.1.2009) lesen

Neue Grenzen für Pestizidwerte (31.8.2008) lesen



 

Deklarationspflicht
Seit Dezember 2005 müssen folgende Stoffe, die eine besonders hohe allergene Potenz haben oder häufig Nahrungsmittelunverträglichkeitsreaktionen auslösen auf den Zutatenlisten von verpackten Nahrungsmitteln aufgeführt werden (EU-Richtlinien 2003/89/EG und 2006/142/EG), wenn sie zur Herstellung des Produktes verwendet wurden. Diese sind:

Glutenhaltiges Getreide (Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Dinkel, Kamut oder ihre jeweiligen Hybridstämme), Schalenfrüchte (Mandeln, Hasel-, Wal-, Cashew-, Pecan-, Para-, Macadamia-, Queenslandnüsse und Pistazien), Eier, Erdnüsse und Soja, Senf, Krebstiere, Fisch, Milch (einschließlich Laktose), Sellerie, Sesamsamen und jeweils alle daraus hergestellten Produkte. Darüber hinaus Schwefeldioxid und Sulfite (in einer Konzentration von mehr als 10 mg/kg oder 10mg/l), angegeben als SO2.

Seit Ende 2008 müssen auch folgende Zutaten deklariert werden:
Mollusken (Schnecken, Muscheln) und Lupinen (Untergruppe der Hülsenfrüchte. In der Nahrungsmittelindustrie werden einheimisch wachsende Lupinensamen u.a. als billiger Ersatz für importiertes Soja eingesetzt).

Wenn herstellungstechnisch Verunreinigungen mit den genannten Stoffen in den Produkten enthalten sein könnten, muss der Zusatz »Kann Spuren von ... enthalten« aufgeführt werden. Dies kann u.a. der Fall sein, wenn Maschinen auch zur Herstellung von Produkten eingesetzt werden, die diese Zutaten enthalten.

Zur Vermeidung von Verunreinigungen sollen regelmäßige Kontrollen durch unabhängige Institute vorgenommen werden.

Diese Regelung ist sehr positiv und sie erleichert Menschen mit Nahrungsamittelallergien und -unverträglichkeiten die Auswahl der Produkte. Leider gibt es bisher keine Verpflichtung, diese Stoffe für unverpackte Nahrungsmittel zu deklarieren. Aus diesem Grunde sind beispielsweise Bäckereien, Metzgereien oder Verkäufer auf Wochenmärkten nicht zur Angabe der in ihren Produkten enthaltenen Inhaltsstoffe verpflichtet. Es wird jedoch in den zuständigen Gremien diskutiert, die Deklarationspflicht auch auf unverpackte Nahrungsmittel zu erweitern. Es bleibt abzuwarten, auf welche Lösung sich die EU-Länder werden einigen können.

Hilfreiche Links:
Amtsblatt der Europäischen Union
Aktionsplan Allergien
ECARF Gütesiegel

 
Neue Bestimmungen zur Deklarationspflicht von Allergenen in Lebensmitteln ab 13.12.2014
Eine gute Nachricht für uns veröffentlichte Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in einer Pressemitteilung am 13.12.2013:
»Mehr Transparenz durch die neue Lebensmittel-Kennzeichnung
Ab dem 13. Dezember 2014 gelten in der EU neue Vorschriften zur Lebensmittelkennzeichnung. Pflichtinformationen auf Lebensmittelverpackungen müssen eine Mindestschriftgröße haben, damit sie gut lesbar sind. Lebensmittel-Imitate müssen speziell gekennzeichnet werden. Bei ihrer Verwendung muss der ersatzweise verwendete Stoff in unmittelbarer Nähe des Produktnamens angegeben werden. Bestimmte Stoffe, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen können, müssen im Zutatenverzeichnis hervorgehoben werden. Auch bei nicht verpackten Lebensmitteln, sogenannter »loser Ware«, ist die genaue Kennzeichnung dieser Stoffe künftig verpflichtend. Das sind nur einige Beispiele weitere Details der Regelungen gibt es unter: www.bmelv.de/lebensmittelkennzeichnung«

Lesen Sie den kompletten Text des BMELV hier

Schade ist es natürlich, dass den Herstellern für die verpflichtende Umsetzung dieser Richtlinie ein ganzes Jahr Zeit gegeben wird – ein Jahr, in dem die Verbraucher leider noch mit den alten, auch vom BMELV als unzureichend erkannten Regelungen vorlieb nehmen müssen. Trotz allem ist es aber ein Lichtblick. Auch habe ich beim Studium der Zutatenlisten schon seit einiger Zeit an einzelnen Produkten den Fettdruck der Allergene erkennen können. Somit scheinen doch einige Hersteller ihre Schlupflöcher nicht bis zum letzten Tag ausreizen zu wollen und stellen ihre Kennzeichnungen erfreulicherweise früher als vom Gesetzgeber vorgeschrieben um.
Darauf, wann und wie jedoch die Verkäufer loser Ware dazu übergehen, ihre Kunden umfassend über die allergenen Inhaltsstoffe ihrer Waren zu informieren, bin ich sehr gespannt. Bisher mache ich leider immer wieder die Erfahrung, dass bei Nachfragen bei den Verkäufern in Bäckereien, Metzgereien und vor allem an Imbissbuden eklatante Wissenslücken bestehen. Hier ist mit Sicherheit noch viel zu tun.

 

Die neuen Bestimmungen zur Deklarationspflicht von Allergenen in Lebensmitteln sind seit dem 13.12.2014 in Kraft

Bitte lesen Sie hier die Erfahrungen mit der Umsetzung


 

Nahrungsmittelzusatzstoffe
Die Europäische Union hat derzeit 315 Stoffe als »unbedenkliche« Zutaten für Nahrungsmittel zugelassen, die in den Zutatenlisten mit den sogenannten E-Nummern gekennzeichnet werden. Bis 1993 gab es in Deutschland 265 zugelassene Stoffe, aber durch die Angleichung der europäischen Gesetze werden es ständig mehr.

Es sei an dieser Stelle die Frage erlaubt, ob dies immer zum Nutzen des Verbrauchers beiträgt (lesen Sie hierzu bitte auch den Abschnitt über die neue Regelung zu Pestizidhöchstwerten).

Hilfreicher Link:
Verbraucher Initiative e.V. (Bundesverband)

E-Nummern
Es gibt folgende Gruppen von Zusatzstoffen (die Gruppen für die E-Nummern sind in Klammern angegeben):
Farbstoffe (100er Nummern), Konservierungsstoffe (200er Nummern), Antioxydations- und Säuerungsmittel (300er Nummern), Verdickungs- und Feuchthaltemittel (400er Nummern), weitere Säuerungsmittel (500er Nummern), Geschmacksverstärker (600er Nummern), Süßstoffe (900er Nummern) und weitere Stoffe mit Nummern über 1000.

AID-Wert
Um einen Wert für einen lebenslangen täglichen Verzehr eines Zusatzstoffes zu ermitteln, bei dem ein Mensch keinen Schaden erleidet, werden Tierversuche durchgeführt. Diese Menge bezeichnet man als »ADI-Wert« (acceptable daily intake = akzeptable tägliche Aufnahme). Er wird in Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht angegeben. Hierbei wird in Fütterungsversuchen mit Tieren ermittelt, wie groß die Menge eines Stoffes sein kann, ohne dass es Auswirkungen auf die Gesundheit hat. Da Ergebnisse aus Tierversuchen nicht so ohne weiteres auf den Menschen übertragbar sind, hat man einen Sicherheitsfaktor einbezogen und den ermittelten Wert durch 100 geteilt, so dass die Menge für den Menschen nur 1 Prozent des im Tierversuch ermittelten Wertes beträgt.

Dieser sogenannte Sicherheitsfaktor ist rein willkürlich und zeigt in meinen Augen lediglich, dass sich auch die Durchführenden dieser Studien durchaus bewusst waren und sind, dass man Tierversuche nicht 1 : 1 auf den Menschen übertragen kann.
Darüber hinaus wurden in den Versuchen jeweils nur isolierte Substanzen getestet. Wie sich die teilweise aus sehr vielen Zusatzstoffen zusammengesetzten Cocktails (werfen Sie einmal einen Blick auf die Zutatenlisten von Fertigprodukten) auf die gesundheitliche Unversehrtheit des Menschen auswirken, ist bei diesen Tests nicht berücksichtigt worden.
Auch hat man den längeren Zeitraum außer Acht gelassen, der durch einen immer wiederkehrenden Verzehr ensteht. Bei den Versuchen waren die jeweils berücksichtigten Versuchsspannen zu einem teilweise dauerhaften Verzehr vergleichsweise sehr gering.


Laut Zusatzstoff-Verordnung müssen für die Zusatzstoffe folgende Kriterien erfüllt werden:
1. Die Zusatzstoffe müssen technologisch notwendig sein (z.B. zur Verhinderung des Verderbs, Verbesserung des Aussehens, Geschmacks etc.).
2. Die Zusatzstoffe dürfen den Verbraucher nicht täuschen.
3. Die Zusatzstoffe müssen gesundheitlich unbedenklich sein.

Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass in meinen Augen kaum ein Zusatzstoff für eine gesunde Ernährung notwendig ist, den Verbraucher nicht täuscht und auch wirklich gesundheitlich unbedenklich ist.

Gute Herstellungspraxis
Für den Einsatz von Lebensmittelzusatzstoffen gelten die Regeln »Gute Herstellungspraxis« (Good Manufacturing Practice): »So viel wie nötig, so wenig wie möglich«.

Es wird hier tatsächlich von »Lebensmitteln« gesprochen – ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass eigentlich kein Nahrungsmittel, das mit Zusatzstoffen versehen ist, mehr die Bezeichnung »Lebensmittel« verdient.


 

Bio-Siegel für Nahrungsmittel

Bitte lesen Sie hier weiter ...



 

Funktionelle Nahrungsmittel (functional food) und Nahrungsergänzungsmittel
Immer mehr Nahrungsmittel werden von der Industrie mit Zusätzen versehen, die einen angeblichen gesundheitlichen Mehrwert versprechen. So gibt es Margarine, die den Cholesterinspiegel senken soll, Milchprodukte, die das Immunsystem stärken sollen oder sogar Brot, das mit Folsäurezusatz vor Fehlgeburten schützen soll.
Auch Nahrungsergänzungsmittel, derer es eine unüberschaubare Fülle in jedem Supermarktregal gibt, werben mit den »unverzichtbaren Vorteilen« für die Gesundheit.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BFR) hat hierzu eine erfreulich klare Stellungnahme abgegeben: »Grundsätzlich sind Nahrungsergänzungsmittel für gesunde Personen, die sich normal ernähren, überflüssig. Bei ausgewogener Ernährung bekommt der Körper alle Nährstoffe die er braucht, – eine zusätzliche Zufuhr einzelner Nährstoffe ist deshalb normalerweise nicht erforderlich. Eine einseitige, unausgewogene Ernährungsweise kann nicht durch Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln ausgeglichen werden.« (Quelle)
Derzeit ist Werbung für Produkte, die angeblich gegen Krankheiten helfen sollen, nur für Arzneimittel, nicht jedoch für Nahrungsmittel zulässig. Das Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz (LMBG) verbietet irreführende oder gesundheitsbezogene Werbung. Auch wenn (wider Erwarten) ein Gesundheitseffekt wissenschaftlich erwiesen werden sollte, dürfen vom der Hersteller keine konkreten Aussagen zum angeblichen gesundheitlichen Nutzen gemacht werden, die einem Zusammenhang mit einer Verbesserung von Krankheitsrisiken herstellen.

Hilfreiche Links:
Ernährungsportal NRW
BFR zu »Funktionelle Lebensmittel«

Theoretisch sollten uns diese Bestimmungen vor irreführenden Behauptungen schützen. Die Nahrungsmittelhersteller finden jedoch genügend rechtliche Schlupflöcher, uns ihre angeblich gesundheitsfördernden Kreationen unterzujubeln. »...Tausende von zufriedenen Kunden bestätigen, dass ... Ihre Gesundheit fördert«, oder »... kann Ihren Blutdruck senken« – solche Werbung sagt zwar im Grunde nichts, suggeriert dem unvorsichtigen Kunden jedoch genau das, was der Gesetzgeber eigentlich verbietet.

Was können Sie tun?
Halten Sie beim Einkauf die Augen offen und überprüfen Sie die Aussagen der Hersteller sehr kritisch. Am besten jedoch verzichten Sie grundsätzlich auf den Erwerb solcher Produkte. Der einzig sichere Weg zu einer stabilen Gesundheit ist eine abwechslungsreiche, unbelastete, gesunde Vollwertkost.


 

Mehrbedarf wegen Laktose-Intoleranz kann bei SGB II (Hartz IV)-Leistungen geltend gemacht werden
In einem Urteil (Az.: S 37 AS 13126/12) hat das Sozialgericht Berlin im April 2013 klargestellt, dass eine Bezieherin von SGB II-Leistungen (Arbeitslosengeld II/Hartz IV) bei einer ärztlich diagnostizierten Laktose-Intoleranz einen Mehrbedarf von monatlich 13 Euro für Nahrungsmittel geltend machen kann und widersprach damit einer Entscheidung der zuständigen Arbeitsagentur.
Die Hartz IV-Bezieherin hatte beantragt, zusätzlich zu den Regelleistungen einen Mehrbedarf für Nahrungsmittel erstattet zu bekommen. Die Arbeitsagentur lehnte diesen Antrag mit folgender Begründung ab: »Unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des ärztlichen Dienstes der Arbeitsagentur lehnte der Beklagte den Antrag ab. Bei einer Laktoseintoleranz falle kein Mehrbedarf für eine besondere Krankenkost an; es genüge eine Vollkosternährung, die nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins keine zusätzlichen Kosten verursache (Bescheid vom 17.1.2012, bestätigt mit Widerspruchsbescheid vom 20.4.2012). «
Daraufhin machte die Klägerin geltend, »sie könne die zur Gesunderhaltung notwendige Ernährung nicht aus den Regelleistungen bestreiten. Laktosefreie Lebensmittel seien durchweg teurer als vergleichbare Produkte aus dem Discounter.«
Das Sozialgericht Berlin stellt nun klar: »Der Anspruch auf einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 5 SGB II, der zum notwendigen Existenzminimum gehört, setzt voraus, dass die leistungsberechtigte Person ›aus medizinischen Gründen‹ eine besondere Ernährung benötigt und dass diese Ernährung tatsächlich kostenaufwändiger als die Ernährung ist, die im Rahmen der Regelsatz/Regelbedarfs-Bestimmung rein statistisch unter Abzug bestimmter Produkte (Luxusgüter, Alkohol etc.) erhoben wird (= Durchschnittsernährung von Haushalten mit geringem Einkommen). Damit zielt § 21 Abs. 5 SGB II nicht auf eine gesunde bzw. gesundheitsfördernde Ernährung ab, die für jeden Menschen ›aus medizinischen Gründen‹ sinnvoll wäre, sondern auf eine Ernährung, die wegen eines vom Regelbild abweichenden Körperzustandes benötigt wird, um gesundheitliche Schäden oder Beschwerden abzuwenden. Insofern entspricht der Begriff ›aus gesundheitlichen Gründen‹ in § 21 Abs. 5 SGB II dem sozialversicherungsrechtlichen Krankheitsbegriff. «:
Somit kommt das Sozialgericht in diesem Falle zu dem Schluss: »Der Klägerin steht ein Mehrbedarf in Höhe von monatlich 13 € zu.«

Diese Entscheidung ist für alle Bezieher von SGB II-Leistungen wichtig.
Folgende Voraussetzungen sind dabei erforderlich:
1. Die Diagnose »Laktose-Intoleranz« muss vom Arzt bescheinigt werden.
2. Der entsprechende Antrag muss gestellt werden
3. Bei einer eventuellen Ablehnung verweisen Sie auf das vorliegende Urteil des SG Berlin (Az.: S 37 AS 13126/12)

Zu diesem Urteil möchte ich mit einem ganz persönlichen Kommentar Stellung nehmen: Grundsätzlich bin auch ich der Meinung, dass zum einen eine Laktose-Intoleranz keine Krankheit ist – somit könnte ich verstehen, wenn es eine Behörde mit dieser Begründung ablehnt, Mehrkosten für eine erforderliche Ernährung zu erstatten. Auch die Argumentation, laktosefreie Nahrungsmittel seien »durchweg teurer als vergleichbare Produkte aus dem Discounter« kann ich nicht pauschal unterstützen, denn mit einer umsichtigen Auswahl ist es durchaus möglich, für die meisten Produkte laktosefreie Alternativen zu finden, die eben nicht »durchweg« teurer sind als die laktosehaltigen.
Bei einigen Produktgruppen jedoch, wie insbesondere den Milchprodukten, ist leider die laktosefreie Variante doch deutlich teurer als die laktosehaltigen Produkte, auch wenn es sie mittlerweile in den Discountern gibt. Darüber hinaus ist mittlerweile die Auswahl an laktosefreien »Nichtmilch«-Produkten mehr und mehr eingeschränkt, weil eben die Nahrungsmittelindustrie in immer mehr Produkte aus Profitgier Laktose hineinmischt. Dadurch ist es zwar nicht durchweg, aber doch in einigen Fällen erforderlich, ein teureres Produkt wählen zu müssen, als es der Warenkorb vorsieht, mit dessen Hilfe die »Durchschnittsernährung von Haushalten mit geringem Einkommen« ermittelt wird. Und auch Laktase-Ergänzungspräparate, die sicherlich nicht immer nötig, aber doch ab und an sehr hilfreich sind, kosten zusätzliches Geld.
Somit finde ich es also durchaus nachvollziehbar und gerechtfertigt, wenn Menschen mit Laktose-Intoleranz einen Mehrbedarf geltend machen können, deren finanzielle Möglichkeiten ohnehin extrem stark eingeschränkt sind.


Hilfreiche Links:
Hier finden Sie den kompletten Wortlaut der Entscheidung
Hier finden Sie das Formular zum Beantragen des Mehraufwands (Anlage MEB)


 

Regelung zur Nutzung von »Health Claims«
Seit dem 14.12.2012 sind so genannte »Health-Claims« – also Aussagen über einen zusätzlichen Gesundheitswert von industriell bearbeiteten Nahrungsmitteln – grundsätzlich verboten, es sei denn, sie sind zuvor bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (BFSA) beantragt und zugelassen worden.
Konnte bis zu diesem Datum jeder Hersteller von seinen Produkten in Bezug auf einen angeblichen Gesundheitswert so ziemlich alles behaupten, was er für werbewirksam hielt, so sind nun sehr strenge Grenzen gesetzt.
Erlaubt ist es in Zukunft nur noch, hinlänglich bekannte Tatsachen auszuloben, beispielsweise, dass Kalzium die Knochen stärkt oder Vitamin C das Immunsystem unterstützt. Gleichzeitig muss erläutert werden, unter welchen Bedingungen das Produkt einen höheren Gesundheitswert hat. Pauschalaussagen sind nicht mehr möglich, jede Behauptung muss präzisiert werden, also beispielsweise, wieviel des Produkts über welchen Zeitraum verzehrt werden muss, um den beworbenen Nutzen zu haben. Weiterhin sind mögliche Warnhinweise und Einschränkungen (beispielsweise in Bezug auf eine maximale Verzehrmenge oder auf ein Mindestalter beim Verzehr) verpflichtend.
Die Beweislast ist nach der neuen Vorschrift umgekehrt, d.h. nicht mehr der Verbraucher muss sich gegen irreführende Behauptungen wehren, sondern der Hersteller muss bei der Beantragung beweisen, dass das Produkt eine positive Wirkung hat.

Dies ist ein guter Anfang, aber in meinen Augen ganz sicher noch längst nicht ausreichend. Bis zum Stichtag wurden bei der EFSA eine Unmenge von Anträgen von den Herstellern eingereicht, aber nur die wenigsten davon wurden genehmigt. Dies spricht sicherlich eine deutliche Sprache und lässt erahnen, mit welchen Gesundheitsversprechen die Verbraucher in der Vergangenheit an der Nase herumgeführt wurden und wie sich die Hersteller dadurch ungerechtfertigt bereichert haben. Denn die Produkte mit einem angeblichen Gesundheitsnutzen sind in den allermeisten Fällen natürlich teurer als die »normalen« Produkte.
Allerdings ist aus meiner Sicht mit der neuen Regelung auch reichlich Spielraum für Missbrauch und Scheininnovationen gegeben. Ein mir bekannter und seriös arbeitender Hersteller formulierte es so: »Wenn ich ab morgen direkt sagen will, dass mein Probiotikum bei Laktoseintoleranz hilft, muss ich einfach eine Spur Laktase beimischen. Soll mein Probiotikum ‘positive Wirkungen auf Körper und Geist’ haben, gebe ich einfach 1,5 mg Zink zu. Das wirkt zwar nicht, aber damit ist es mir rechtlich erlaubt, das Mittel als ‘geprüft bei Laktoseintoleranz‘ oder was ich auch will zu bewerben.«
Viele weitere Health-Claims sind beantragt und warten noch auf die Zulassung – und mit Sicherheit werden zahlreiche weitere Anträge folgen, denn mit dem erwachenden Gesundheitsbewusstsein der Menschen erhoffen sich sicherlich viele Hersteller, ihre Gewinne machen zu können. Es ist zu hoffen, dass die EFSA hier weiterhin sehr restriktiv vorgeht.


Bitte lesen Sie hierzu auch die Veröffentlichung des
Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz


 

Gentechnik in der Nahrungsmittel-Produktion
Seit 2004 schreibt eine EU-Verordnung vor, gentechnisch veränderte Lebensmittel und Nahrungsmittel, die gentechnisch veränderte Zutaten enthalten, mit einem entsprechenden Hinweis in der Zutatenliste zu kennzeichnen.

In Deutschland wird bisher kommerziell ausschließlich Mais mit unverändertem Erbgut angebaut. Alle anderen Pflanzen, die gentechnisch verändert wurden, werden nur zu Versuchszwecken angebaut. Ich befürchte jedoch, dass auch diese bald auf unseren Tisch gelangen, wenn wir als Verbraucher es nicht gemeinsam schaffen, dies zu verhindern.

Im Januar 2008 beschloss die Bundesregierung, die Gesetze zur Gentechnik zu verschärfen. Nun muss der Mindestabstand zwischen einem Feld mit Genpflanzen – beispielsweise Mais – und einer ökologisch betriebenen Anbaufläche nicht mehr nur 150m betragen, sondern wurde auf 300m verdoppelt. So sollen Vermischungen des Saatgutes verhindert werden. Bei Anmeldung darf dieser neue Abstand sogar unterschritten werden.

Hilfreicher Link:
Berliner Tagesspiegel, 24. 7. 2007

Wenn man bedenkt, dass Mais fast ausschließlich durch Wind bestäubt wird, der den Pollen je nach Wetterlage durchaus kilometerweit tragen kann, muss eigentlich jedem denkenden Menschen auch diese neue Distanz sehr klein erscheinen. Sollte also trotz dieses »Sicherheits-« abstandes eine Bestäubung des ökologisch angebauten Mais eintreten, wird über kurz oder lang das gesamte Saatgut mit genverändertem Erbgut durchsetzt sein – mit eventuell fatalen Folgen vor allem für Allergiker.

»Frei von Gentechnik«
Seit Mai 2008 ist in Deutschland ein neues Gesetz zur Gentechnik in Kraft getreten, das regelt, dass tierische Produkte wie Fleisch, Milch und Eier, die ohne Genpflanzen im Tierfutter hergestellt wurden, als »gentechnikfrei« deklariert werden.

Bei der Fleischherstellung darf dabei beispielsweise das Schwein vier Monate vor der Schlachtung kein GVO-Futter erhalten haben – was davor gefüttert wurde, ist für dieses Gesetz unerheblich. Ebenso bei Milch: ganze 3 Monate vor der Milchproduktion ist die Genfütterung verboten, die Qualität des Futters zuvor hat keine Bedeutung. Bei der Eierproduktion beträgt diese Karenz-Zeitspanne gerade noch 6 Wochen.

Darüber hinaus dürfen genveränderte Zusätze wie Vitamine hinzugefügt werden, wenn sie »anderweitig nicht zu beschaffen sind« – was immer dies zu bedeuten hat. Auch Imfungen von fleisch-, milch- oder eierliefernden Tieren dürfen mit Stoffen durchgeführt werden, zu deren Herstellung genveränderte Organismen benutzt wurden.

Seit dem Jahr 2012 müssen darüber hinaus genveränderte Organismen (GVO) gekennzeichnet werden, die aus dem grenzüberschreitenden Handel in die EU kommen. Dies wurde mit dem sogenannten Cartagena-Protokoll vereinbart, dem die EU-Staaten, China und Brasilien zugestimmt haben.

Leider haben bisher die größten GVO-Exporteure wie die USA, Kanada oder Brasilien diesem Protokoll noch nicht zugestimmt.

Hilfereicher Link:
Bundesumweltamt zum Cartagena-Protokoll



Lesen Sie bitte auch den Blog-Eintrag zum Thema »Genehmigung des EU-Parlaments zum Anbau der Maissorte 1507 vom 12.2.2014«


 

Zulassung von Stevia als Lebensmittelzusatz
Nach jahrelangem Tauziehen wurden im Dezember 2011 endlich die aus der Pflanze »Stevia rebaudiana Bertoni« isolierten Steviolglycoside unter der Nummer E960 als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen. Die stark süß schmeckenden Inhaltsstoffe dürfen nun von der Nahrungsmittelindustrie in bestimmten Lebensmitteln als Süßstoff verarbeitet werden.
Das von den Menschen der in Südamerika beheimateten Pflanze seit Jahrhunderten problemlos verwendete »Süß- oder Honigkraut« darf nun auch bei uns offiziell verwendet werden, wobei die Freigabe immer noch nicht vollständig, sondern nur halbherzig erfolgt ist. Bei der Herstellung von verschiedenen Fruchtsaftgetränken und von Joghurts darf Stevia nun als Süßungsmittel verwendet werden, denn die vor Jahren aufgestellt Behauptung, Stevia sei gesundheitsschädlich, wurde nun endlich auch von offizieller Seite widerrufen.
Bitte lesen Sie die Veröffentlichung des
Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Weiterhin warten müssen die Verbraucher, die Stevia als Süßungsmittel für Ihre eigene Küche erwerben wollen, denn diese Zulassung steht noch aus. Aber auch bisher war es möglich, Stevia als »Zusatz zur Herstellung von Mundwasser« oder als »Badezusatz« zu erwerben. Wozu wir dann diese Produkte ggf. zweckentfremden, bleibt nach wie vor uns überlassen.

Übrigens: Auch das Steviolglycosid kommt nicht gänzlich ohne Chemie aus. Fabrikmäßig werden Verfahren wie Trocknen, Mazerieren (Einweichen), Fällen und Entfärben und zum Schluss Kristallisationsdurchgänge eingesetzt, um aus den Pflanzen letztendlich das Steviolglycosid zu gewinnen. Wer trotzdem ganz auf ein natürliches Produkt setzen möchte, kann entweder die einjährige Steviapflanze selbst im Garten wachsen lassen und die Blätter ernten – oder aber über das Internet getrocknete und gemahlene Blätter bestellen.


 

Genehmigung zum Anbau der Genkartoffel »Amflora«
Nur zwei Wochen nach der viel versprechenden Entscheidung gegen den Anbau der Genmaissorte »Mon 810« am 14.4.2009 durch die Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (siehe Beitrag »Verbot von genverändertem Mais »Mon 810« in Deutschland«) erstaunt es, dass Aigner am 27.4.2009 »nach eingehender Prüfung und Gesprächen mit Wirtschaft und Wissenschaft« die Zustimmung ihres Ministeriums für den Anbau der genveränderten Kartoffelsorte »Amflora« gegeben hat. Die durch die BASF entwickelte »Amflora« ist sehr viel stärkehaltiger als normale Kartoffelsorten, wodurch sie von der Industrie für die Herstellung von Papier, Klebstoffen und Garn verwendet werden kann.
»Amflora« darf nun zu Versuchszwecken auf 20 Hektar in Mecklenburg-Vorpommern ausgesät werden, wobei Schutzzäune dafür sorgen sollen, dass die Kartoffel nicht in die Lebensmittel- und Futterkette gelangt.

Nicht nur die Beschränkung auf die Hälfte der ursprünglich geplanten Anbaufläche, auch die »Errichtung von Schutzzäunen« halte ich – genauso wie die vorgeschriebenen Abstände von 300m zu Feldern mit genunveränderten Pflanzen – für Augenwischerei und reine Beruhigungsversuche der kritischen Bevölkerung.
Ob vielleicht die Einschaltung der der Forschung eher freundlich gesinnten Bundeskanzlerin Angela Merkel zu dieser enttäuschenden Entscheidung beigetragen haben könnte, werden die Verbraucher leider nicht erfahren. Es scheint mir jedoch, dass Entscheidungen der derzeitigen Bundeslandwirtschaftsministerin nicht oder zumindest nicht immer im Hinblick auf die Gesundheit und die Unversehrtheit der Verbraucher getroffen zu werden, sondern sich eher nach parteipolitischen Interessen zu richten. So bleibt Ihnen nur – wie immer – die einzige Möglichkeit, nach aufmerksamem Verfolgen der politischen Beschlüsse durch das Ziehen der Konsequenzen am Wahltag die zukünftigen politischen Entscheidungen im Bundestag zu beeinflussen.
 

. . . und die Rücknahme!
(manchmal kann es doch erfolgreich sein, wenn sich die Verbraucher wehren)

Am 13.12.2013 wurde die Genehmigung zum Anbau der Amflora vom Gericht der Europäischen Union (EuG) zurückgenommen, weil die für die Zulassung zuständige EU-Kommission zwar »ein neueres Gutachten der Europäischen Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) berücksichtigt, es aber versäumt habe, dem zuständigen Ausschuss der EU-Staaten Gelegenheit zu gegeben, zu dem Gutachten der EFSA Stellung zu nehmen.«.

Lesen Sie hier den vollständigen Text auf Spiegel-online.de


 

Verbot von genverändertem Mais »Mon 810« in Deutschland
Abweichend von einer erst im vergangenen Jahr durch ihren Vorgänger Horst Seehofer getroffenen Entscheidung hat die Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner die gentechnisch veränderte Maissorte Mon 810 in Deutschland verboten. Obwohl in der EU bisher erlaubt, reiht sich neben Ungarn, Luxemburg, Österreich, Griechenland und Frankreich nun auch Deutschland in die Liste der Länder ein, die den Anbau des Produktes des Saatgut-Konzerns Monsanto (Sitz St. Louis im US-Staat Missouri) verbieten. Bisher hat Monsanto lediglich gegen Frankreich rechtliche Schritte eingeleitet, die Bestimmungen der übrigen Länder werden derzeit noch hingenommen.
In das Erbgut der Maissorte Mon 810 wurde ein Teil des Erbgutes des »Bacillus thuringiensis« übertragen (daher auch der Name »BT-Mais«), wodurch die Pflanze selbst ein Gift gegen die Raupe eines Schädlings, den Maiszünsler, produzieren kann. Da nicht abschließend geklärt werden konnte, ob durch das Gift andere Tiere (beispielsweise Bienen) oder das Grundwasser gefährdet werden könnten, erließ Aigner das Verbot.

Welch ein Glück, dass zumindest an die – zugegebenermaßen wichtigen – Bienen gedacht wurde (oder gab die Tatsache den Ausschlag, dass mit genveränderten Pollen durchsetzter Honig nicht als Lebensmittel verkauft werden darf?) und an die Tatsache, dass das im Genmais enthaltene Gift über das Grundwasser auch andere Tiere gefährden könnte. Ob sich Aigner wohl auch darüber Gedanken gemacht hat, ob das Gift etwa für den Menschen gefährlich sein könnte, konnte ich aus den Pressedarstellungen nicht entnehmen. Und darüber, ob bei der Entscheidung so kurz vor den Wahlen parteiinterne Überlegungen und bayerische Interessen zumindest auch eine Rolle gespielt haben, möchte ich mir kein Urteil erlauben.
Zumindest ist es für uns Verbraucher von Vorteil, dass wenigstens diese genveränderte Maissorte vorerst nicht in Deutschland angebaut werden darf. Es war zwar nur eine Anbaufläche von knapp 4000 Hektar für den Genmais verplant (das entspricht etwa 0,2% der Gesamtanbaufläche in Deutschland), doch ist es gut, wenn den Anfängen gewehrt wird. Wie im obigen Beitrag (Gentechnik in der Nahrungsmittel-Produktion) zu lesen ist, bewahren uns die großartigen Abstände von nun sage und schreibe 300m bestimmt nicht vor Kontaminierung von herkömmlichem Mais durch die Pollen der genveränderten Sorten. Und leider gibt es außer der Sorte Mon 810 noch andere genveränderte Maissorten, deren Anbau – wenn auch nur zu Versuchszwecken – noch nicht verboten wurde.


Hilfereiche Links:
Tagesschau.de: Was ist so schlimm an Genmais? (14.4.2009)
Kölner Stadtanzeiger: Genmais Mon 810 – Grüne fordern europaweites Verbot (14.4.2009)
Greenpeace: Aus für Gen-Mais MON810 in Deutschland (14.4.2009)



Lesen Sie bitte auch den Blog-Eintrag zum Thema »Genehmigung des EU-Parlaments zum Anbau der Maissorte 1507 vom 12.2.2014«


 

Verbot bestimmter Pestizide und Ausbringungsarten
Am 13.1.2009 wurde vom Europaparlament eine neue Gesetzgebung für Pflanzenschutzmittel beschlossen: Hochtoxische Pestizide, die krebserregend, erbgutschädigend oder hormonell (endokrin) wirken oder die Fortpflanmzungsfähigkeit behindern, werden verboten. Auf den Index kommen 22 Substanzen, wobei das Verbot jedoch erst jeweils mit dem Ablauf der Zulassungen der Stoffe greift – und dies kann im längsten Falle bis zum Jahr 2016 dauern!
Das Verbot gilt auch für außerhalb der EU produzierte landwirtschaftliche Erzeugnisse, die in den EU-Mitgliedsstaaten verkauft werden sollen. Nur solche Produkte sollen bei uns verkauft werden dürfen, die nach den neuen Vorschriften produziert wurden. Für bestimmte Fälle wurden jedoch Ausnahmeregelungen vereinbart: Sollte ein Mitgliedsland nachweisen können, dass ein bestimmter Schädling ganze Ernten bedroht und vernichten könnte und darüber hinaus keine nicht-chemische Alternative zur Bekämpfung zur Verfügung stehen, so können einige der Substanzen für dieses Land für eine Fünfjahres-Frist zugelassen werden.
Wirkstoffe, die die Entwicklung von Immun- oder Nervensystem schädigen, müssen »nach strengen Sicherheitsrichtlinien geprüft werden«.
Auch die Ausbringungsarten sind nach dem neuen Gesetzt beschränkt worden: Das Spritzen oder Sprühen von Pestiziden aus der Luft wird »generell verboten«, d.h. auch hier gibt es Ausnahmeregelungen, nämlich »wenn das Spritzen oder Sprühen eindeutige Vorteile im Sinne von geringeren Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt hat oder wenn es keine praktikablen Alternativen gibt«.
Weiterhin sind der Gewässer- und Bienenschutz und der Schutz von Spielplätzen und Parks zu beachten: Es soll sichergestellt werden dass »angemessene Maßnahmen zum Schutz der aquatischen Umwelt und der Trinkwasservorräte vor Schäden durch Pestizide ergriffen werden« und »In Zukunft muss sichergestellt sein, dass Wirkstoffe keine inakzeptablen akuten oder chronischen Effekte auf Bienen haben«. »In sehr empfindlichen Gebieten, ... in öffentlichen Parks, auf Sport- und Freizeitplätzen, Schulgeländen, auf Kinderspielplätzen ... besteht bei einer Pestizidexposition ein hohes Risiko. In diesen Gebieten wird die Verwendung von Pestiziden minimiert oder verboten«.
Die Schutzmaßnahmen sind wie folgt definiert: »Wenn Pestizide verwendet werden, müssen geeignete Risikomanagementmaßnahmen getroffen werden, wobei Pflanzenschutzmitteln mit einem geringen Risiko sowie biologischen Bekämpfungsmaßnahmen der Vorzug zu geben ist«.

Die Formulierungen vom Europaparlament zum Nachlesen:
Pressemitteilung Europäisches Parlament, 13.1.2009

Ein »Meilenstein« für die Verbraucher?
Wie üblich, wurde dieses neue Gesetz wieder nur halbherzig entschieden, um der Agrarwirtschaft bloß nicht allzu schmerzhaft auf die Füße zu treten. Solange Übergangs- und Ausnahmeregelungen bestehen, wird sich mit Sicherheit – wie die Erfahrung lehrt – niemand ernstlich um Alternativen bemühen.
Und darüber hinaus gilt zu bedenken, dass es insgesamt etwa 400 verschiedene Pestizide gab, mit denen unser »gesundes« Obst, Gemüse und Getreide behandelt wird. Mit den 22 angeblich gefährlichsten Substanzen ist zwar zugegebenermaßen ein Anfang gemacht (wenn das Verbot dann greift), aber wir essen mit den reichlich ausgebrachten verbleibenden 378 Stoffen noch immer einen mit Sicherheit mehr als gesundheitsschädigenden Cocktail.
Und so bleibt Ihnen zu Ihrer eigenen Sicherheit, wie bereits oben empfohlen, nur eine Alternative: Obst und Gemüse aus möglichst unbelastetem Anbau – am bestem in Bioqualität – zu erwerben und die Früchte gründlich mit warmem Wasser zu waschen, um die vorhandenen Schadstoffe so weit wie möglich zu entfernen.
Obwohl die Europaabgeordnete der Grünen, Hiltrud Breyer, das neue Gesetz als Meilenstein bezeichnet, sieht sie die Ausnahmeregelungen doch sehr kritisch und erst als einen Anfang auf einem sicherlich noch langen Weg zu wirklich gesunder Nahrung aus einer wirklich gesunden Umwelt.
Auch Greenpeace meint: »Das neue EU-Pestizidrecht reicht nicht aus, um Verbraucher und Umwelt ausreichend zu schützen.«


Informative Links:
Hiltrud Breyer, 13.1.2009
Europagruppe Die Grünen, 13.1.2009
Greenpeace, 13.1.2009

Weniger differenziert sieht es die Europaabgeordnete der CDU, Christa Klaß, Winzerin von Beruf, und schiebt die Verantwortung dem Benutzer der gefährlichen Stoffe zu: »Informationen und eine angemessene Ausbildung sollen den verantwortlichen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gewährleisten. Jeder Anwender hat eine Befähigung nachzuweisen. Zur Risikoreduktion gehört, dass die professionellen Anwender eine gut fundierte Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet des Pflanzenschutzmitteleinsatzes absolvieren. Private Anwender, die keine spezifische Ausbildung haben und durch einen unsachgemäßen Einsatz im Privatgarten Schaden anrichten können, müssen beim Verkauf von Pflanzenschutzmitteln über den Einsatz und über die Risiken von einem gut ausgebildeten Verkäufer aufgeklärt und informiert werden«.
Bisher hat die Erfahrung leider gezeigt, dass es keine oder nur sehr geringe Eigenverantwortung auf Seiten der Agrarwirtschaft gibt. Deshalb wäre es in meinen Augen wirksamer gewesen, ein Gesetz zu formulien, bei dem es nicht so viele Hintertürchen gibt.
(Zitate aus der Pressemitteilung des Europäischen Parlaments vom 13.1.2009).


Weitere Informationen:
Tagesschau, 15.1.2009


 

Neue Grenzen für Pestizidwerte
Seit September 2008 gelten EU-weit einheitliche Grenzwerte für die Belastung von Lebensmitteln mit Rückständen von Pestiziden (Pflanzenschutzmitteln).
Hierbei wurden nationale Richtwerte angeglichen, wobei die jeweiligen Höchstwerte der einzelnen Länder zur EU-Richtline erklärt wurden. Dadurch ergab sich für viele Länder eine höhere erlaubte Belastung als vor dem Erlass.
Nach einer Studie von Greenpeace und Global 2000 wird bemängelt, dass fast 700 der neuen Grenzwerte für Obst- oder Gemüse – u.a. für Äpfel, Birnen, Weintrauben oder Paprikaschoten – zu hoch sind und akute oder sogar chronische Gesundheitsschäden nicht ausgeschlossen werden können.

Informative Links:
Frankfurter Rundschau, 31. 8. 2008
ORF-Österreich, 31.8. 2008

Wie Brüssel sich dazu stellt, können Sie unter folgendem Link lesen:
Pharmazeutische Zeitung online, 29. 8. 2008

Was können Sie tun?
Otto-Normalverbraucher hat erfahrungsgemäß wenig Einfluss auf gesetzliche Bestimmungen. Sie können jedoch an den Europa-Abgeordneten Ihrer Wahl schreiben (Adressen siehe hier) und Ihren Wunsch nach einem besserem Verbraucherschutz vortragen.
Als Erste Hilfe jedoch bleibt Ihnen nur, Obst und Gemüse aus möglichst unbelastetem Anbau – am bestem in Bioqualität – zu erwerben und die Früchte gründlich mit warmem Wasser zu waschen, um die vorhandenen Schadstoffe so weit wie möglich zu entfernen.


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