Das Siegel »Ohne Gentechnik«
Deshalb beschreitet man derzeit in Deutschland die andere Richtung: Die Hersteller
dürfen gentechnikfreie Lebensmittel mit einem speziellen Siegel »Ohne Gentechnik«
kennzeichnen. Das grüne Siegel wurde im August 2009 von der damaligen Verbraucherministerin
Ilse Aigner vorstellt. Nach der heutigen Gesetzeslage müssen Nahrungsmittel, die
diese Auszeichung/das Label »Ohne Gentechnik« folgende Kriterien erfüllen:
Grundsätzlich ist kein Einsatz von gentechnisch hergestellten Zusatzstoffen
erlaubt (auch keine zufälligen Beimischungen von zugelassenen gentechnisch
veränderten Pflanzen).
Bei Nahrungsmitteln tierischer Herkunft wie z.B. Milch, Fleisch oder
Eiern darf die Bezeichnung »Frei von Gentechnik« deklariert werden,
wenn bei der Fütterung keine gentechnisch veränderten Futterpflanzen wie Mais
oder Soja verwendet wurden.
Bei diesen tierischen Produkten allerdings ist die Deklaration auch
dann erlaubt, wenn bei der Fütterung gentechnisch hergestellte Vitamine, Enzyme und
anderen Zusätze eingesetzt wurden!
In Deutschland zeichnet sich gerade wegen dieser Möglichkeiten, die die Verbraucher
als Tricksen und Täuschen empfinden, seit langem Unmut ab, und Versuche,
gentechnisch veränderte Pflanzen in größerem Stil anzubauen oder gar in den Verkehr
zu bringen, sind bisher noch alle gescheitert – und dies ganz sicherlich
nicht zuletzt durch den energischen Protest der Konsumenten.
Aber auch wenn diese »Hintertürchen« natürlich ärgerlich sind und verhindern,
dass Verbraucher, die sicher sein wollen, dass sie wirklich gentechnikfreie
Lebensmittel kaufen, war die Regelung doch immerhin schon mal ein Anfang.
Bio-Produkte sind frei von Gentechnik
Wir haben jedoch die Möglichkeit, Bio-Produkte zu kaufen. Hier ist die Verwendung
von Gentechnik nicht erlaubt. Somit können sich die wirtschaftlich besser gestellten
Verbraucher tatsächlich schützen, Nahrungsmittel zu verzehren, bei deren Herstellung
GVO verwendet wurden.
Die überweigende Mehrzahl der Verbraucher kann es sich jedoch nicht leisten,
ausschließlich Bio-Produkte zu kaufen. Somit sind diese Verbraucher, denen sicherlich
ebensoviel an ihrer Gesundheit liegt, wie den Reicheren, benachteiligt.
Folglich muss eine verlässliche Gesetzeslage geschaffen werden, dass jeder Verbraucher –
unabhängig von seinem Einkommen – die Möglichkeit hat, selbst zu entscheiden,
ob er Nahrungsmittel mit GVO kauft oder nicht. Dies ist meines Erachtens die Aufgabe
des
Bundesministeriums für Ernährung
und Landwirtschaft. Derzeit kann ich aber leider noch nicht erkennen, dass sich
hier tatsächlich etwas zu unseren Gunsten bewegt (siehe auch TTIP).
Warum ist es wichtig, gentechnikfreie Lebensmittel zukaufen?
Jedes Lebensmittel – sei es tierischer oder pflanzlicher Herkunft –
ist unserem Verdauungssystem bekannt. Dies gilt selbstverständlich nur für
naturbelassene Lebensmittel. Ich meine an dieser Stelle nicht alle die industriell
verhunzten und gepanschten »Nahrungsmittel« die den Namen Nahrung eigentlich
gar nicht mehr verdienen. Aber zurück zu den Lebensmitteln: Wie gesagt, unsere
Verdauungssystem kennt diese Lebensmittel seit Jahrtausenden und kan die Inhaltsstoffe
verarbeiten und so die benötigte Energie zum Leben daraus gewinnen.
Wird nun ein Organismus gentechnisch verändert, muss unser Körper dieses neue
Nahrungsmittel erst kennen lernen, um es verdauen zu können. Unser Verdauungssystem
benötigt Jahrtausende, um sich auf neue Nahrung einzustellen und diese problemlos
verarbeiten zu können – bei natürlicherweise entstehenden Genveränderungen,
die sich nur ganz langsam und auch nur in kleinsten Schritten entwickeln, ist dies
kein Problem. Veränderungen des pflanzlichen und tierischen Genoms und die Anpassung
des menschlichen Verdauungssysstems laufen so gut wie synchron, und die Bekömmlichkeit
der Nahrung bleibt erhalten.
Wenn jedoch der Mensch »der Natur ins Handwerk pfuscht« und Veränderungen
im Genom von Pflanzen oder Tieren vornimmt, kann das menschliche Verdauungssystem
nicht mehr Schritt halten: Probleme sind vorprogrammiert! Hierbei sind nicht nur
Maßnahmen gemeint, die landläufig unter dem Begriff »Gentechnik« verstanden
werden – auch Eingriffe durch radilkale Züchtungen können zu Verdauungsproblemen
führen. Denken wir hier nur an die agressiv auf höheren Glutengehalt gezüchteten Weizen,
den den Herstellern von Bachwaren zwar verbesserte Bacheigenschaften beschert, mit
dem aber unser archaisches Verdauungssystem seine Probleme hat – und dies
nicht etwa nur bei Menschen mit einer Zöliakie oder Gluten-Sensitivität, sondern
bei allen Menschen.
Gentechnik für Allergiker
Besonders gefährlich jedoch können Eingriffe in das Genom für Allergiker werden:
Diese Menschen sind darauf angewiesen, dass die Lebensmittel, die sie zu sich
nehmen, garantiert frei von ihren speziellen Allergenen sind. Enthalten die Lebensmittel
auch nur Spuren der entsprechenden Proteine, kann es zu lebensgefährlichen Reaktionen
kommen.
Wenn nun beispielsweise künstlich in die Erbanlagen Gene von anderen Pflanzen
eingebaut werden, um der Wirtspflanze Eigenschaften von einer anderen Pflanze zu
übertragen, kann diese dann eventuell genau den kleinen Baustein produzieren, den
ein Allergiker unbedingt meiden muss. Aber woher weiß er das, dass die eigentlich
bekömmliche Pflnze nun plötzlich Proteine enthält, die er bisher leicht erkennen
und meiden konnte?
Aus diesen und vielen anderen Gründen ist es also tatsächlich sehr gefährlich, in
die natürlichen Abläufe der Natur einzugreifen. Unbestritten ist, dass gezielte
Weiterentwicklung durch Züchtung auch ihr Gutes haben kann – beispielsweise
können Pflanzen ertragreicher werden und so mehr Menschen auf der Erde ernähren.
Ob es jedoch tatsächlich von Vorteil ist, Pflanzen durch gentechnische Eingriffe
resistent gegen Schädlinge zu machen, wage ich anzuzweifeln: Die Schädlinge sind
viel zu gewitzt, als dass sie sich hier nicht sehr viel schneller an die neuen
Gegebenheiten anpassen könnten, wie uns die Wirklichkeit zeigt. So tritt dann schnell
der gegenteilige Effekt ein, und immer mehr Pestizide müssen verwendet werden, um
die angeblich unempfindlichen Feldfrüchte zu schützen.
Sukzessive Verbreitung der Genveränderung nicht vermeidbar
In Deutschland ist zur Zeit (Stand 2015) der Anbau von genveränderten Pflanzen
nur in sehr geringem Rahmen erlaubt – und dies natürlich auch auf offenen Feldern.
Offensichtlich war bei der Konzipierung der entsprechenden Gesetze den Politikern
die Brisanz der Kontaminierung bewusst, und so wurden Mindestabstände zu Feldern
mit konventionell angebauten Pflanzen vorgeschrieben, die allerdings nur wenige
100 Meter betragen. Dies sind
natürlich Größenordnungen, über die die bestäubenden Insekten nur lächeln können,
und auch der Wind, der manche Pflanzen bestäubt, nimmt auf solche wenigen Meter
wohl kaum Rücksicht. Somit werden die veränderten Erbanlagen über den Blütenstaub
im Zeitraum von kürzester Zeit auf viele bisher noch unveränderte Pflanzen
übertragen werden, und es wird kaum noch reines Saatgut geben.
Die Leidtragenden sind aus den oben beschriebenen Gründen nicht nur die Allergiker,
die auf unveränderte Nahrungsmittel angewiesen sind oder aber auch Menschen, die
GVOs schlichtweg nicht in ihrer Nahrung mögen. Es gibt auch ganz gravierende
wirtschaftliche Nachteile: Imker, in deren Honig genveränderte Pollen gefunden werden,
dürfen ihren Honig nicht verkaufen – und kein Bauer, der genveränderte Pflanzen
anbaut, muss ihnen den entstandenen Schaden ersetzen!
Genverändertes Saatgut darf sogar patentiert werden – hier nenne ich als
herausragendes Beispiel unter anderen die Firma »Monsanto«, die Patente
auf GVOs besitzt. Das Perfide hierbei ist nicht nur, dass es nun offensichtlich
erlaubt ist, auf von der Natur geschaffene und vom Menschen veränderte Gene
Patente zu erwerben, sondern auch, dass zum einen die genveränderten Pflanzen
oftmals in den folgenden Generationen nicht mehr keimfähig sind. Das bedeutet,
dass der Bauer jedes Jahr erneut Saatgut von Monsanto kaufen muss – was für
eine wunderbare Gelddruckmaschine für den Saatgut»hersteller«! Bisher
benutzten Bauern seit Jahrtausenden einen Teil der Ernte als Saatgut für das Folgejahr.
Da dies nun ausgeschlossen ist, müssen sie jährlich größere Summen für neues Saatgut
investieren. Und der zweite – noch viel größere – Nachteil ist, dass
Monsanto nach derzeitiger Gesetzeslage mit dem Patent auch das Recht erworben hat,
durch Wind und Insekten auf bisher unveränderte Pflanzen übertragene, veränderte
Erbanlagen ebenfalls als patentgeschützt und damit kostenpflichtig betrachten zu
dürfen. Im immer größeren Umkreis von GVO-Feldern schöpfen diese Firmen also Gewinne
ab und treiben so nach und nach zumindest viele Kleinbauern in den Ruin.
TTIP
Seit einiger Zeit hängt uns das »Damoklesschwert« von TTIP (Transatlantic
Trade and Investment Partnership/Transatlantisches Freihandelsabkommen) über dem
Genick: Mit der Freihandelszone zwischen den USA und der Europäischen Union sollen
»Handelshemmnisse« ausgeschaltet werden.
Dabei kollidieren natürlich unterschiedliche gesetzliche Vorschriften. In den USA
ist es beispielsweise möglich und üblich, gentechnisch veränderte Pflanzen wie
z.B. Soja in großem Stil nicht nur als Tierfutter zu verwenden, sondern auch direkt
in Nahrungsmitteln, die für den Menschen bestimmt sind, einzusetzen. Wie würde
ein solches aus den USA dann eingeführtes Nahrungsmittel bei uns deklariert werden
müssen?
Labelling von Gentechnik
Unser derzeitiger Landwirtschaftsminister Christian Schmidt schlug im Januar
2015 als so genanntes »Labelling« der Gentechnik folgende Auszeichnungform
vor: Nahrungsmittel könnten auf der Verpackung mit Barcodes zu versehen werden,
aus denen man dann ablesen könne, ob GVO enthalten sind oder nicht.
Ein großartiger Vorschlag! Lesen Sie auch beim Einkauf den Barcode eines jeden Nahrungsmittels,
das Sie kaufen, mit Ihrem Handy aus und nehmen sich dann die Zeit, die langen
Zutatenlisten zu studieren? Haben Sie überhaupt ein Smartphone und wenn ja, hat es ganz hinten
in Ihrem Supermarkt noch einen Netzempfang, um diese Aktion durchführen zu können?
Am 3. Februar 2015 tagt die Kommission erneut, um weiter zu beraten, wie TTIP ausgestaltet
werden soll. Ich befürchte Schlimmes! Schon bei den Regelungen, die zwischen den
unterschiedlichen Gesetzgebungen der Länder innerhalb der Europäischen Union
gleichgeschaltet werden werden müssen, kommt nach meiner Erfahrung immer nur der
»kleinste gemeinsame Nenner« heraus!
Ich bitte Sie deshalb inständig: Bleiben Sie wachsam, und beobachten Sie genau,
welche Gesetze geplant werden! Nur wenn wir Verbraucher laut und deutlich vor allem
rechtzeitig sagen, was wir wollen – und natürlich auch, was wir nicht wollen –
haben wir überhaupt eine Chance, unsere Gesundheit zu schützen.
Nutzen Sie auch die Möglichkeit, sich bei Wahlen über die Parteiprogramme zu informieren
und wählen Sie nur solche Parteien, die glaubhaft machen können (und dies auch in
der Vergangenheit durch entsprechende Entscheidungen bewiesen haben), dass sie Gentechnik
in unserem Essen nicht zulassen.
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