Ursache: Dünndarmfehlbesiedelung
Die Ursachen des Reizdarm-Syndroms sind noch nicht gänzlich geklärt.
Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen wird jedoch vermutet, dass ein sehr
hoher Prozentsatz der Betroffenen an einer bakteriellen Fehlbesiedelung des Dünndarms
erkrankt ist.
Deshalb sind bei der Diagnose und Behandlung die ersten Maßnahmen die Abklärung,
ob eine Dünndarmfehlbesiedelung (SIBO) und ggf. auch Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten
vorliegen (lesen Sie hierzu auch den Beitrag »
Dünndarmfehlbesiedelung und ihre Behandlung«.
Manchmal verschwinden aber mit der Behandlung der bakteriellen Fehlbesiedelung und
der Beachtung der Unverträglichkeiten nicht alle Symptome. In diesen Fällen muss sich
die Behandlung dann um die Linderung der Symptome ergänzt werden. Hierbei unterscheiden
sich die Behandlungsformen je nach Typ-Gruppe des Reizdarm-Syndroms: Durchfall-Typ,
Verstopfungs-, Wechsel- und Schmerz-Typ müssen selbstverständlich mit
unterschiedlichen Therapien und ggf. Medikamenten behandelt werden (lesen Sie hierzu
auch den Beitrag »
Diagnose des
Reizdarm-Syndroms«.
Die Mitarbeit der Patienten ist bei jeder Therapieform unerlässlich, denn das
Reizdarm-Syndrom wird sehr stark durch eine aktive Mithilfe und auch eine positive
Einstellung beeinflusst. Wenn alternative Behandlungsmethoden bevorzugt werden,
kann nach abgeschlossener Diagnose neben einem Arzt auch ein Heilpraktiker die
Behandlung begleiten. Der Patient ist hier aufgrund des ganzheitlichen Behandlungsansatzes
in den meisten Fällen in guten Händen, wenn zuvor von schulmedizinischer
Seite andere Erkrankungen ausgeschlossen wurden.
Wegen der langen Behandlungsdauer ist ein ungestörtes Vertrauensverhältnis
zum Arzt bzw. Heilpraktiker notwendig. Sollte das Vertrauensverhältnis gestört
sein, ist es günstig, frühzeitig den Behandler zu wechseln, um
einen dauerhaften Erfolg zu garantieren, denn die Zusammenarbeit wird über
einen sehr langen Zeitraum erforderlich sein.
Behandlungsunterstützung mit Medikamenten
Vom Arzt können bei entsprechend gravierenden Beschwerden vorübergehend
je nach der vorherrschenden Art der Symptome krampflösende oder schmerzstillende
Mittel verschrieben werden. Bei Bedarf kann ein Facharzt für Psychiatrie oder
psychosomatische Medizin auch Medikamente gegen Depressionen (Antidepressiva)
verordnen.
Medikamente, die beim Reizdarm-Syndrom eingesetzt werden, behandeln allerdings
immer nur Symptome, niemals die Ursache. Da das Ziel jedoch in der Behebung der
Erkrankung besteht, muss man mit dem Behandler gemeinsam über einen langen
Zeitraum Ursachen herausfinden und mit verschiedenen Methoden die Lebensweise ändern.
Nur so ist eine dauerhafte Heilung möglich.
Stress-Abbau
Fast immer sind Menschen mit Reizdarm-Syndrom Stress-Situationen ausgesetzt oder
können damit nicht richtig umgehen. Deshalb sollten Techniken entwickelt werden,
Stress-Situationen zu erkennen, diese ggf. zu verhindern oder zumindest abzuschwächen
oder im Anschluss zu kompensieren. Nach einer genauen Analyse der Lebenssituation
sollten besonders Stress auslösende Situationen gemieden bzw. gelernt werden,
besser damit umzugehen.
Entspannungsübungen
Sehr hilfreich zum besseren Umgang mit Stress sind Entspannungsübungen. Hier
bieten sich besonders das Autogene Training oder die Progressive Muskelentspannung
nach Jacobson an, aber auch Yoga oder Chi Gong sind gute Methoden zum Stress-Abbau.
Anleitung von professioneller Seite in Form von Kursen wird
beispielsweise in der Volkshochschule angeboten, aber auch der Hausarzt kann über
Möglichkeiten Auskunft erteilen. Viele Krankenkassen gewähren Zuschüsse
für diese Kurse, eine Anfrage lohnt sich auf jeden Fall.
Akupressur und Klopftechnik
Wahrscheinlich hat jeder schon einmal von der der Akupunktur gehört, einer in der Traditionellen
Chinesischen Medizin (TCM) verankerten Methode. Dabei werden feine Nadeln in bestimmte Punkte auf
unserer Körperoberfläche gestochen, um den Energiefluss zu harmonisieren oder auch um die Produktion
körpereigener Stoffe zu produzieren. Für die Selbstanwendung zu Haus empfiehlt es sich, geeignete Punkte
aufzufinden und mit den Fingern zu pressen (Akupressur) oder auch zu klopfen (Kopftechnik).
Auf diese Weise können ähnliche Effekte erzielt werden wie bei der Akupunktur, ohne jeweils einen
Therapeuten aufsuchen zu müssen. Lesen Sie hierzu auch den Beitrag »
Akupressur
zur Beeinflussung von Magen-/Darmproblemen«.
Sport
Zur Bekämpfung und Kompensation von Beschewerden beim Reizdarm-Syndroms ist
es auch immer sehr vorteilhaft, sich sprotlich zu betätigen. Hierbei steht
nicht nur die gesundheitsfördernde Bewegung im Vordergrund, sondern auch die
stressabbauende Wirkung und – nicht zuletzt – der Spaß, denn es ist
hier kein Leistungssport gemeint, der das genaue Gegenteil bewirken würde,
sondern die vergnügliche sportliche Bewegung mit einer Sportart, die speziell
dem Patienten »auf den Leib geschneidert« wurde, die sich jeder Patient
also ganz individuell aussucht. Neben Schwimmen, Radfahren, Wandern, Walken oder
einfach nur regelmäßigen Spaziergängen an der frischen Luft gibt
es unzählige weitere Sportarten, die Spaß und Erleichtung bringen können.
Ernährungs- und Stresstagebuch
Auch wenn das Auftreten von Symptomen des Reizdarm-Syndroms keinen direkten Zusammenhang
mit Nahrungsmitteln hat, hilft doch das Führen eines Ernährungstagebuches
beim Aufspüren eventuell gleichzeitig vorliegender
Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten.
Einen Vordruck können Sie im
Downloadbereich
kostenlos herunterladen.
Gesunde Ernährung
Zur besseren Beherrschung eines Reizdarm-Syndorms gehört immer auch eine möglichst
gesunde Ernährung. Ungesunde Nahrungsmittel oder gar Fastfood tragen auch bei
Menschen ohne RDS häufig zu Unwohlsein bei. Somit kann eine vernünftige,
möglichst vollwertige Ernährungsform gerade bei Reizdarm-Patienten sehr
zu einer Verbesserung beitragen. Dabei ist es nicht erforderlich, fanatisch jeden
Genuss von eigentlich ungesunden Nahrungsmitteln zu meiden »wie der Teufel
das Weihwasser« – aber im Großen und Ganzen sollten gesunde Lebensmitttel
bevorzugt werden. Eine kleine »Sünde« zwischendurch kann jedoch auch
ganz entspannend wirken – solange sie eine bewusst genossene Ausnahme bleibt.
FODMAP-Diät
Bei einem Reizdarm-Syndrom muss selbstverständlich immer auf individuelle Unverträglichkeiten
geachtet und die entsprechenden Lebensmittel gemieden werden. Trotzdem weiß man
oft gar nicht, welche Lebensmittel bekömmlich oder unbekömmlich sind – je
nach Tagesform können alle Lebensmittel Probleme machen.
Auch wenn die einzelnen unbekömmlichen Stoffe gemieden werden, gehen in diesen Fällen Beschwerden wie
Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfälle und/oder Verstopfung und
viele andere nicht auf ein akzeptables Maß zurück.
Hilfreich kann dann neben der erforderlichen Reduzierung der unverträglichen
Stoffe zusätzlich die Einhaltung einer Diät mit einem geringeren
Anteil an Kohlenhydraten sinnvoll sein. Diese Ernährung ist leichter verdaulich,
und schädlichen Darmbakterien wird mit dem geringeren Ballaststoffanteil die
Lebensgrundlage entzogen.
Eine Diät, die diese Grundsätze berücksichtigt, ist die sogenannte
FODMAP-Diät. Die
Buchstaben stehen für die englischen Begriffe »
Fermentable
Oligo-,
Di-
Monosaccharides
And
Polyols« (vergärbare Mehrfach-,
Zweifach- und Einfachzucker und Zuckeralkohole).
Die FODMAP-Diät deckt die meisten möglichen Verursacher von Unverträglichen ab.
Die Nahrungsmittel werden darauf überprüft und bewertet, wie hoch der Anteil
dieser Inhaltsstoffe
in der Summe ist. Danach werden sie klassifiziert und in die
Kategorie »hoher FODMAP-Gehalt« oder »niedriger FODMAP-Gehalt«
einsortiert. Genauere Listen oder Datenbanken weisen zusätzlich auch einen
mittleren FODMAP-Gehalt aus.
Darmgymnastik
Bei der Behandung und zur Vorbeugung unangenehmer Symptome bei einem Reizdarm-Syndrom, bei einer jeden Nahrungsmittel-Intoleranz und auch
bei bakteriellen Fehlbesiedelungen der verschiedenen Darmabschnitte ist neben allen oben beschriebenen Maßnahmen
grundsätzlich die kontinuierliche
Bewegung eine unverzichtbare Komponente. Hier und bei allen Verdauungsbeschwerden ist wichtig, dass der
Transport des Speisebreis durch den
Darm so gleichmäßig wie möglich abläuft. Dies wird am besten erreicht mit einer kontinuierlichen Anregung der Verdauungsdrüsen und des Darms.
Dazu eignen sich weniger die wenigen sportlichen Aktivitäten am Abend oder am Wochenende, sondern in möglichst engmaschigen zeitlichen
Abständen durchgeführte Atem- und Bewegungsübungen.
In dem Buch
»Darmgymnastik & mehr
gegen Verdauungsbeschwerden« finden Sie viele Anregungen dazu. Zusätzlich sind Akupressurpunkte aufgeführt, deren Stimulation bei allen
Verdauungsbeschwerden wirksam sind. Weiterhin werden zusätzliche Hilfsmaßnahmen und Hilfsmittel vorgestellt, die die Behandlung von
Verdauungsproblemen effektiv unterstützen können. Und last, but not least, gibt es ein Kapitel mit Fragen, die in meiner Praxis immer wieder
zu diesem Themenkomplex gestellt werden.
Angepasste Schmerzbewertung
Reizdarm-Patienten haben ein verstärktes Schmerzempfinden. Entgegen sonstigen
Empfehlungen, bei denen dringend geraten wird, die Signale des Körpers
grundsätzlich ernst zu nehmen, sollte man beim Reizdarm-Syndrom jedoch verstehen,
dass die Schmerz-Reize, die wahrgenommen werden, meist keinen adäquaten Ursachen
zuzuordnen sind. Man muss verlernen, den Schmerz als solchen wahrzunehmen, je nach
Stärke anfangs eventuell mit medikamentöser Unterstützung. Die Signale
als Unwohlsein müssen hierbei zunächst noch hingenommen und akzeptiert
werden. Nach einem unter Umständen länger andauernden Lernprozess werden
diese Reize später dann nicht mehr bewusst wahrgenommen, wie es bei Menschen
ohne Reizdarm-Syndrom üblich ist. Nicht jede Darmbewegung bedeutet am Schluss
mehr Schmerz, sondern wird später - wie bei gesunden Menschen – vielleicht
nur noch als kleines Bauchgrummeln registriert.
Der Weg bis dahin ist sicherlich lang – jedoch lohnt sich die Mühe, denn
zum Schluss kann man auch mit Reizdarm-Syndrom weitgehend beschwerdefrei leben.