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www.spiegel-online.de
Laktoseunverträglichkeit: Kampf mit dem Milchzucker
Mein Kommentar (in der Kommentarliste unter den Nummern 76 und 77):
»Es ist schade, dass hier offensichtlich immer wieder einer vom anderen abschreibt,
ohne wirklich einmal selbst korrekt zu recherchieren, bzw. ohne die wirklich
relevanten Tatsachen herauszustellen und den weniger wichtigen den ihnen zustehenden
Stellenwert zuzuweisen. Gerade vom Spiegel hätte ich mir hier Sorgfalt gewünscht.
Ja, es ist richtig, dass die meisten Menschen auf der Welt laktoseintolerant sind
und wir hier bei uns »nur« aufgrund einer Genveränderung den Milchzucker
(Laktose) auch noch im Erwachsenenalter vertragen. Somit ist schon einmal
klargestellt, dass weder das eine (Laktosetoleranz) noch das andere (Laktoseintoleranz)
besser oder schlechter ist oder gar einen Krankheitswert hat. Es beschreibt
lediglich eine Eigenschaft – so wie beispielsweise die braune oder blaue Augenfarbe.
Völliger Unsinn ist es jedoch zu behaupten, »dass nach einigen Wochen
Gewöhnung sogar Menschen mit einer Laktoseunverträglichkeit Milchprodukte
in Maßen problemlos essen können«. Es ist korrekt, dass in der
individuellen Verträglichkeit angemessenem Maße (!) verzehrter Milchzucker
die rudimentäre Laktaseproduktion länger aufrecht zu erhalten hilft – den
kontinuierlichen Niedergang jedoch kann das letztendlich jedoch nicht aufhalten.
Und was ist schon »individuell angemessen«? Diese eigene Grenze zu
kennen, ist schon für den aufgeklärten Laktoseintoleranten nicht einfach. Und
ganz klar gilt: Verzehrt man zu viel Laktose, also mehr als die individuelle Grenze
zulässt, ist dies in jedem Falle nicht nur sehr unangenehm, sondern definitiv
schädlich, denn dadurch wird u.a. die gesunde Balance der Darmflora geschädigt
(mit allen daraus resultierenden Folgen).
Zu behaupten, der Verzehr von Milchzucker würde die Laktose-Intoleranz verbessern
oder – wie ein leider sehr bekannter Medizinjournalist in einem seiner
Bücher tatsächlich behauptet – gar »heilen« zu können,
ist noch größerer Unfug. Ob dieser Autor hier vielleicht von der
Milchindustrie gesponsert wird, die nicht müde wird zu behaupten, dass der
Verzehr von Milch unerlässlich für die Kalziumversorgung sei, vermag ich
nicht zu beurteilen. Ich gebe in diesem Zusammenhang jedoch zu bedenken, dass die
(fast) korrekt in diesem Spiegel-Beitrag wiedergegebenen 2/3 der Weltbevölkerung,
die laktoseintolerant sind (nach meinen Informationen sind es etwa 85%) und die
eben keine oder nur weniger (in diesem Falle dann durch sorgfältige Vergärung
laktosefrei gemachte) Milchprodukte verzehren, nicht samt und sonders schwächlich
und kränklich und mit Kalzium unterversorgt sind. Somit muss es klar sein,
dass es außer Milch noch ausreichend andere Kalziumquellen gibt – insbesondere
in unserer Überflussgesellschaft!
Den immer wieder suggerierten Krankheitswert (wenn man es denn so bezeichnen möchte)
bekommt die Laktoseintoleranz erst, wenn trotz allem Milchzucker verzehrt wird und
dieser Beschwerden bereitet, weil die (natürlicherweise) im Dünndarm
nicht oder nicht ausreichend vorhandene Laktase die Milchzuckerbausteine nicht
aufspalten kann, und die Laktose dann im Dickdarm von den Darmbakterien vergoren
wird, wobei Gase und Säuren entstehen. Selbstverständlich gibt es
Abstufungen, und bei manchen Menschen wird noch mehr oder weniger eigene Laktase
gebildet, was zur Verträglichkeit mehr oder weniger kleiner Laktose-Mengen
führt. Diese sind jedoch mit den 12g, die in diesem Beitrag ziemlich pauschalisiert
genannt werden, sehr häufig zu hoch angegeben und eben doch sehr individuell.
Somit ist es für Menschen mit Laktose-Intoleranz sehr vorteilhaft, laktosefreie
Produkte kaufen zu können.
Hier sollte ein guter Pressebeitrag ansetzen: Laktoseintolerante Menschen empfinden
es als eine Erleichterung, wenn Nahrungsmittel als laktosefrei gekennzeichnet sind!
Bedauerlich ist es nur, dass dies überhaupt erforderlich ist, denn normalerweise
gehört der Milchzucker in Nahrungsmittel, die keine Milchprodukte sind,
überhaupt nicht hinein. Erst die Praxis der Nahrungsmittelhersteller, Milchzucker
in alle möglichen und unmöglichen Nahrungsmittel zu panschen, macht es
erforderlich, ganz normale Produkte zu kennzeichnen, in denen man eigentlich
niemals Laktose vermuten würde.
Und diese dann auch noch teurer als die naturgemäß belassenen zu verkaufen,
ist ein weiterer Kritikpunkt, der zu großem Unmut Anlass geben sollte. Und
besonders ärgerlich ist, dass es wahrscheinlich genau diese Hersteller sind,
die mit ihrem Verhalten den Verbraucher in dem Glauben unterstützen –
oder diesen Glauben zumindest nicht gerade rücken – dass laktosefreie
Produkte einen höheren Gesundheitswert hätten als laktosehaltige. Hier
sollte ein seriöser Presse-Beitrag einmal einhaken.
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