Letzte Aktualisierung: 14.4.2018

Blog

Dr. David Perlmutter mit Kristin Loberg:
Dumm wie Brot

Wie Weizen schleichend Ihr Gehirn zerstört

Meine persönliche Bewertung:


Eher für den bereits sachlich umfassend informierten Leser als für den »einfach nur Neugierigen«


Den Tenor seines Buches lässt uns Dr. David Perlmutter bereits im Untertitel wissen: »Wie Weizen schleichend Ihr Gehirn zerstört« und versucht aufzuzeigen, dass Weizen dafür verantwortlich ist, dass neurologisch-degenerative Erkrankungen wie u.a. Demenz und Alzheimer (wobei er diese beiden Erkrankungen leider in einen Topf wirft) durch Glutenverzehr verursacht werden.

So zeigt er auf, dass Arteriosklerose nicht nur die landläufig bekannten Folgeerkrankungen wie u.a. Herzinfarkte nach sich zieht, sondern auch die Blutgefäße im Gehirn beeinträchtigt, was neben Schlaganfällen auch zu Demenz und Alzheimer führt. Dies ist eine Schlussfolgerung, der ich ohne weiteres folgen kann – denn warum sollte eine Mangeldurchblutung nur in den Körperregionen Folgen haben, im Gehirn aber nicht?

Neben der Darstellung, dass Kohlenhydrate und insbesondere Gluten für degenerative Erkrankungen des Gehirns verantwortlich sind, wird ein weiterer großer Teil des Buches (eigentlich der größere Teil) darauf verwandt zu erklären, dass auch viele andere körperliche Erkrankungen durch den Verzehr übermäßiger Mengen an Kohlenhydraten verursacht werden.

Seine Hauptfeinde bei diesen Thesen sind zum einen das Gluten und zum anderen die übermäßig verzehrten isolierten Kohlenhydrate, wobei er hier alle Kohlenhydrate meint, die nicht aus Gemüse bezogen werden. Sowohl Vollkornprodukte als auch Reis, Kartoffeln und süßes Obst sind für Perlmutter ebenfalls Kohlenhydrate, die es größtmöglich zu meiden gilt. Zu Freunden im Kampf gegen die ernährungsbedingten Erkrankungen erklärt er hingegen Fette und Proteine in Form von Fleisch, aus denen das Gehirn statt schädlicher Glukose gesunde Ketone als Energielieferanten gewinnen könne.

Im Falle eines übermäßigen Genusses von isolierten Kohlenhydraten möchte ich Perlmutter noch folgen, denn im Gegensatz zu unseren Vorfahren verzehren wir tatsächlich viel zu viele isolierte Kohlenhydrate. Allerdings ist es noch zu beweisen, ob diese unsere Vorfahren tatsächlich Jäger und Sammler waren, die sich überwiegend von großen Fleisch- und Fettmassen ernährten, wie Perlmutter dies (im Einklang beispielsweise mit Dr. William Davis (Weizenwampe) oder Wolfgang Lutz (Leben ohne Brot) und weitere) behauptet. Ich neige eher zu der Ansicht, dass unsere körperlichen Merkmale wie Zähne, Darm und Enzymproduktion eher darauf hinweisen, dass wir von Menschen abstammen, die Sammler und Jäger (in dieser Reihenfolge) waren und hauptsächlich Früchte, Blätter, Knollen und Wurzeln sammelten und zusätzlich einzelne Körner von Grashalmen streiften und verzehrten. Diese Kost konnte logischerweise aufgrund ursprünglich noch gar nicht entwickelter Waffen lediglich durch gefundene Vogeleier, Würmer, Insekten und kleinere Tiere ergänzt werden. Somit waren nicht Fleisch und Fett die Hauptenergiequellen, sondern pflanzliche Kost, wobei hier Kohlenhydrate in isolierter Form bzw. in größeren Mengen auch nicht auf dem Speiseplan standen.

Gerne stimme ich Perlmutter zu, dass die isolierten Kohlenhydrate unser archaisches Verdauungssystem überfordern – mit Sicherheit in den Mengen, in denen wir heutzutage Zucker und Weißmehl verzehren. Unstrittig ist, dass isolierte Kohlenhydrate zu einem sprunghaften Anstieg des Blutzuckers und in Folge zu einem rapiden Anstieg von Insulin führen, was letztendlich eine Insulinresistenz und das metabolische Syndrom nach sich ziehen kann. Somit sollte die Aufnahme großer Mengen isolierter Kohlenhydrate in einer gesundheitsförderlichen Kost vermieden werden. Dass Perlmutter hier allerdings auch gleich die Vollkornprodukte mit verdammt, kann ich nicht nachvollziehen, denn die Aufnahme und Umwandlung der »verpackten« Stärke aus Vollkorn erfolgt sehr viel langsamer, wodurch Insulinspitzen abgepuffert werden. Zugegeben, auch Vollkornprodukte sollten nicht in unbegrenzten Mengen gegessen werden, aber für ganz so böse, wie Perlmutter dies darstellt, halte ich sie nicht. Eine Reduktion auf anfangs 30-40g und später auf 60g halte ich für falsch. Vor allem, wenn im Gegenzug die Energiegewinnung aus Fett und Fleisch überhaupt nicht limitiert wird.

Gar nicht nachvollziehen kann ich die Behauptung, dass das Gluten ein für alle Menschen absolut zu meidender Nahrungsbestandteil sein soll. Zugegeben: Wir alle verzehren viel zu viel von diesem Stoff, der von Getreide-Pflanzen (nicht nur von Weizen, sondern auch von Roggen und Gerste und all ihren Abkömmlingen) als Schutz vor Fraßfeinden gebildet wird – und schließlich sind ja auch wir Menschen Fraßfeinde. Leider »verbietet« Perlmutter aber nicht nur Menschen mit Zöliakie und Glutensensitivität das Gluten vollkommen, sondern allen Menschen. Es stört mich nicht nur, dass Perlmutter die Glutensensitivität und die Zöliakie in einen Topf wirft, sondern eben grundsätzlich den Verzehr sogar von Spuren von Gluten als schädlich bezeichnet. Ja, früher (sprich: bis etwa vor 70 Jahren) enthielten die genannten Getreidesorten wesentlich weniger Gluten. Und noch früher – also zu Zeiten der Urmenschen, deren Verdauungssystem wir ererbt und seitdem so gut wie gar nicht verändert haben, aßen die Menschen nur sehr kleine Getreide- und damit Glutenmengen. Aber sie aßen Gluten, und blieben unter dieser Ernährung nicht nur gesund und leistungsfähig, sondern konnten ihr Gehirn und ihre kognitiven Fähigkeiten sogar weiterentwickeln. Somit kann es nicht von Nachteil sein, grundsätzlich (unter der Voraussetzung, nicht an Zöliakie zu leiden) Gluten zu verzehren, wenn es nicht ein Übermaß annimmt. Und auch der Hinweis, dass bei Menschen mit einer Glutensensitivität (Non celiac gluten sensitivity) der Verzehr von Glutenspuren absolut ungefährlich ist, ist für mich sehr wichtig.

Mein persönliches Fazit zu diesem Buch: Vieles, was Perlmutter schreibt – und er schlägt einen sehr großen Bogen über viele Bereiche eines ganzheitlich gesunden Lebens – ist korrekt und auch stimmig erklärt. Das ewige Herumreiten auf der fett- und fleischbetonten Kost (bei anderen unter den Begriffen »Atkinsdiät«, »Paleodiät«, »Steinzeitdiät« oder »ketogene Ernährung« geführt) finde ich jedoch irreführend und kann es nicht generell als gesünder nachvollziehen. Es mag sein, dass eine solch drastische Reduktion von Kohlenhydraten für den einen oder anderen Menschen (vorübergehend) akzeptabel ist – dass diese krasse Einschränkung jedoch für alles das »Non plus ultra« und vor allem gesünder sei, ist schlichtweg falsch.

Deshalb: Dieses Buch separat ohne zusätzliches Hintergrundwissen zu lesen, ist eher gefährlich und könnte zu falschen Schlussfolgerungen verleiten. Nur der ohnehin schon umfassend informierte Leser kann die richtigen von den irreführenden Behauptungen trennen und unterscheiden. Deshalb eignet sich dieses Buch eher für den bereits sachlich umfassend informierten Leser als für den »einfach nur Neugierigen«.

Zur Amazon-Bewertung vom 10.11.2014

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