Letzte Aktualisierung: 14.4.2018

Blog

Facebookeintrag vom 25.8.2014

Kommentar zum Beitrag
Laktose- und glutenfreie Produkte bis 9 mal teurer –
Abzocke mit der Gesundheit





Der Beitrag auf der Website codecheck.info enthält zwar viele richtige Tatsachen, er erweckt aber leider insgesamt doch ein verzerrtes Bild.

Allein schon die Überschrift zeigt, dass hier nicht richtig differenziert wird: laktose- und glutenfreie Produkte in einen Topf zu werfen und die Preise für alle gleichzeitig zu vergleichen, kann zumindest irreführend sein.

Doch zuerst das Gute, das dieser Beitrag auf dem Vergleichsportal »codecheck.info« zu bieten hat: Die Verfasserin zeigt korrekt auf, dass Laktoseintoleranz zu »schweren Bauchkrämpfen und Durchfall« führen kann. Weiterhin sind die Zahlen von 20% für von Laktose-Intoleranz Betroffenen bzw. 1% für Menschen mit Zöliakie in der Schweiz korrekt (wobei Frau Kubli nur die Begriffe Zöliakie bzw. Gluten-Intoleranz benutzt, die Betroffenen mit Gluten-Sensitivität jedoch offensichtlich unter den Tisch fallen lässt). Auch ist die – leider erst ganz am Schluss des Beitrags angeführte – Tatsache, dass »eine unterschiedliche Ausgangslage bei Laktose- und Gluten-Intoleranz« vorliegt, zwar korrekt wiedergegeben, aber die weiteren Ausführungen dazu sind mir etwas zu platt und zeigen, dass die Verfasserin sich offensichtlich noch nicht mit vielen Betroffenen unterhalten haben kann.

Nun aber zu den Gesichtspunkten, die ich gerne ein wenig zurechtrücken möchte: Frau Kubli führt einige Preisbeispiele an – u.a. Butter mit 2,60 CHF für die »normale« Variante bzw. 6,63 CHF für die laktosefreie. Mit dem Hinweis »Auch herkömmliche Butter enthält kaum Laktose« liegt sie zwar richtig, aber diesen Satz weiterzuführen mit »Die freche Marketingstrategie der Food-Designer will uns aber genau das Gegenteil weismachen – damit wir bis zu 9mal mehr für ein Produkt bezahlen, das von Natur aus weder Gluten noch Laktose enthält« finde ich schlichtweg selbst ein bisschen »frech«: zum einen sind 6,63 mitnichten nicht 9mal mehr als 2,60, wie sich der aufmerksame Leser rasch selbst ausrechnen kann, und zum anderen kenne ich keine laktosefreie Butter, die gleichzeitig auch als glutenfrei gelabelt wird. Das riecht (mir) ein bisschen zu sehr nach Stimmungmache!

Es wäre gut, als laktosefrei ausgezeichnete Produkte in solchen Betrachtungen streng von glutenfreien zu trennen: Frau Kubli zitiert in ihrem Beitrag eine Stellungnahme der Firma Migros: »Reis und Mais, die Hauptzutaten glutenfreier Produkte, dürfen auf keinen Fall neben glutenhaltigem Getreide wachsen. Sie müssen mit speziellen Maschinen geerntet, in dafür vorgesehenen Transportern verfrachtet, in eigens konzipierten Mühlen gemahlen und immer wieder kontrolliert werden.« Das ist korrekt und rechtfertigt somit in meinen Augen allein wegen dieses Herstellungsverfahrens, aber auch ganz sicherlich wegen der kleineren Verkaufsmengen einen gewissen Preisaufschlag. Als Zöliakiebetroffener wäre ich sehr daran interessiert, mich auf eine sorgfältige Produktion absolut verlassen zu können. Ob der Preis dafür bis zu »9mal« höher sein muss, sei dahingestellt – wobei das von der Verfasserin angeführte Preisbeispiel für die 600g-Packung Cornflakes (4,40 CHF für glutenfreie bzw. 1,60 CHF für glutenhaltige) nach Adam Riese (und meiner eigenen Berechnung) auch keine 900% ergibt.

Im Folgenden führt Frau Kubli sehr richtig auf, dass Menschen ohne Laktose-Intoleranz bzw. Zöliakie keinerlei gesundheitliche Vorteile durch den Verzehr von laktose- und/oder glutenfreien Produkten haben, und ich denke, dass sie Recht hat mit dem Hinweis, dass es wohl zu einer »ausgeklügelten Marketingstrategie« der Hersteller gehören könnte, dem unaufgeklärten Verbraucher nicht unbedingt allzu deutlich zu machen, dass die gelabelten Produkte nur für einen ganz speziellen Verbraucherkreis gedacht und erforderlich sind.

Die Fragen »Streichen sie [die Hersteller] echt satte Gewinne ein? Und warum sind die Produkte so überteuert?« sollte man sich tatsächlich stellen, und es muss eine immer wiederkehrende Aufforderung an die Hersteller sein, ihre Preispolitik zu überdenken. Der Titel des Beitrags ist mir persönlich jedoch zu reißerisch und vor allem kontraproduktiv: Zum einen finde ich, dass es durchaus gerechtfertigt sein kann, moderat höhere Preise sowohl für laktosefreie als auch für glutenfreie Produkte zu verlangen (siehe oben). Die Betonung liegt hierbei jedoch auf moderat, und ich differenziere auch zwischen den laktosefreien und den glutenfreien Nahrungsmitteln. Ein um 900% höherer Preis wäre auf jeden Fall zu hoch – sogar für glutenfreie Produkte. Auch wenn ich bei meinen Einkäufen solche exorbitanten Unterschiede bei vergleichbaren Produkten noch nicht habe feststellen können, sind die verlangten Preise insgesamt tatsächlich zu heftig, und wir Betroffenen sollten den Herstellern durch unser Kaufverhalten klar machen, dass sie hier nicht unbegrenzt an der Preisschraube drehen können.

Überhaupt nicht gerechtfertigt sind selbstverständlich – wie Frau Kubli korrekt anmahnt – Preisaufschläge auf natürlicherweise laktose- bzw. glutenfreie Lebensmittel, bei denen dem Verbraucher nur durch ein Label diese Eigenschaft unter die Nase gerieben wird. Aber hier hilft ein ganz probates Mittel, sich nicht abzocken zu lassen: Wir Verbraucher müssen uns informieren, was wir wirklich brauchen und was wir kaufen. Wer sich für dumm verkaufen lässt, bekommt noch ganz andere Produkte angedreht – dies ist kein spezielles Problem für als »free from« gelabelte Nahrungsmittel!

Mein Fazit zu diesem Beitrag: Liebe Frau Kubli, vielen Dank für die teilweise richtigen Fakten in diesem Beitrag. Er ist wieder einmal ein Anstoß, sich über die Verkaufspraktiken der Hersteller Gedanken zu machen. Begrüßt hätte ich es allerdings, wenn Sie die Zusammenhänge ein wenig fundierter untermauert hätten. Und wenn Sie eine solch reißerische Überschrift wählen, wäre es besser, diese Zahlen auch mit selbst ermittelten Preisbeispielen für den Leser nachvollziehbar zu machen. Nicht nur der aufmerksame Leser bemerkt hier die Diskrepanzen. Vor allem aber können Ausführungen mit angreifbaren Darstellungen von den Herstellern einmal mehr mit einem Lächeln beiseitegeschoben werden – und das ist schade!

nach oben