Facebookeintrag vom 25.8.2014
Kommentar zum Beitrag
Der Beitrag auf der Website codecheck.info enthält zwar viele richtige Tatsachen,
er erweckt aber leider insgesamt doch ein verzerrtes Bild.
Allein schon die Überschrift zeigt, dass hier nicht richtig differenziert wird:
laktose- und glutenfreie Produkte in einen Topf zu werfen und die Preise für alle
gleichzeitig zu vergleichen, kann zumindest irreführend sein.
Doch zuerst das Gute, das dieser Beitrag auf dem Vergleichsportal »codecheck.info«
zu bieten hat: Die Verfasserin zeigt korrekt auf, dass Laktoseintoleranz zu »schweren
Bauchkrämpfen und Durchfall« führen kann. Weiterhin sind die Zahlen von 20%
für von Laktose-Intoleranz Betroffenen bzw. 1% für Menschen mit Zöliakie in der
Schweiz korrekt (wobei Frau Kubli nur die Begriffe Zöliakie bzw. Gluten-Intoleranz
benutzt, die Betroffenen mit Gluten-Sensitivität jedoch offensichtlich unter den
Tisch fallen lässt). Auch ist die – leider erst ganz am Schluss des Beitrags
angeführte – Tatsache, dass »eine unterschiedliche Ausgangslage bei
Laktose- und Gluten-Intoleranz« vorliegt, zwar korrekt wiedergegeben, aber
die weiteren Ausführungen dazu sind mir etwas zu platt und zeigen, dass die Verfasserin
sich offensichtlich noch nicht mit vielen Betroffenen unterhalten haben kann.
Nun aber zu den Gesichtspunkten, die ich gerne ein wenig zurechtrücken möchte:
Frau Kubli führt einige Preisbeispiele an – u.a. Butter mit 2,60 CHF für
die »normale« Variante bzw. 6,63 CHF für die laktosefreie. Mit dem
Hinweis »Auch herkömmliche Butter enthält kaum Laktose« liegt sie zwar
richtig, aber diesen Satz weiterzuführen mit »Die freche Marketingstrategie
der Food-Designer will uns aber genau das Gegenteil weismachen – damit wir
bis zu 9mal mehr für ein Produkt bezahlen, das von Natur aus weder Gluten noch
Laktose enthält« finde ich schlichtweg selbst ein bisschen »frech«:
zum einen sind 6,63 mitnichten nicht 9mal mehr als 2,60, wie sich der aufmerksame
Leser rasch selbst ausrechnen kann, und zum anderen kenne ich keine laktosefreie
Butter, die gleichzeitig auch als glutenfrei gelabelt wird. Das riecht (mir) ein
bisschen zu sehr nach Stimmungmache!
Es wäre gut, als laktosefrei ausgezeichnete Produkte in solchen Betrachtungen
streng von glutenfreien zu trennen: Frau Kubli zitiert in ihrem Beitrag eine
Stellungnahme der Firma Migros: »Reis und Mais, die Hauptzutaten glutenfreier
Produkte, dürfen auf keinen Fall neben glutenhaltigem Getreide wachsen. Sie müssen
mit speziellen Maschinen geerntet, in dafür vorgesehenen Transportern verfrachtet,
in eigens konzipierten Mühlen gemahlen und immer wieder kontrolliert werden.«
Das ist korrekt und rechtfertigt somit in meinen Augen allein wegen dieses
Herstellungsverfahrens, aber auch ganz sicherlich wegen der kleineren Verkaufsmengen
einen gewissen Preisaufschlag. Als Zöliakiebetroffener wäre ich sehr daran interessiert,
mich auf eine sorgfältige Produktion absolut verlassen zu können. Ob der Preis dafür
bis zu »9mal« höher sein muss, sei dahingestellt – wobei das von
der Verfasserin angeführte Preisbeispiel für die 600g-Packung Cornflakes (4,40 CHF
für glutenfreie bzw. 1,60 CHF für glutenhaltige) nach Adam Riese (und meiner
eigenen Berechnung) auch keine 900% ergibt.
Im Folgenden führt Frau Kubli sehr richtig auf, dass Menschen ohne Laktose-Intoleranz
bzw. Zöliakie keinerlei gesundheitliche Vorteile durch den Verzehr von laktose-
und/oder glutenfreien Produkten haben, und ich denke, dass sie Recht hat mit dem
Hinweis, dass es wohl zu einer »ausgeklügelten Marketingstrategie« der
Hersteller gehören könnte, dem unaufgeklärten Verbraucher nicht unbedingt allzu
deutlich zu machen, dass die gelabelten Produkte nur für einen ganz speziellen
Verbraucherkreis gedacht und erforderlich sind.
Die Fragen »Streichen sie [die Hersteller] echt satte Gewinne ein? Und warum
sind die Produkte so überteuert?« sollte man sich tatsächlich stellen, und
es muss eine immer wiederkehrende Aufforderung an die Hersteller sein, ihre
Preispolitik zu überdenken. Der Titel des Beitrags ist mir persönlich jedoch zu
reißerisch und vor allem kontraproduktiv: Zum einen finde ich, dass es durchaus
gerechtfertigt sein kann, moderat höhere Preise sowohl für laktosefreie als auch
für glutenfreie Produkte zu verlangen (siehe oben). Die Betonung liegt hierbei
jedoch auf moderat, und ich differenziere auch zwischen den laktosefreien und den
glutenfreien Nahrungsmitteln. Ein um 900% höherer Preis wäre auf jeden Fall zu
hoch – sogar für glutenfreie Produkte. Auch wenn ich bei meinen Einkäufen
solche exorbitanten Unterschiede bei vergleichbaren Produkten noch nicht habe
feststellen können, sind die verlangten Preise insgesamt tatsächlich zu heftig,
und wir Betroffenen sollten den Herstellern durch unser Kaufverhalten klar machen,
dass sie hier nicht unbegrenzt an der Preisschraube drehen können.
Überhaupt nicht gerechtfertigt sind selbstverständlich – wie Frau Kubli
korrekt anmahnt – Preisaufschläge auf natürlicherweise laktose- bzw. glutenfreie
Lebensmittel, bei denen dem Verbraucher nur durch ein Label diese Eigenschaft
unter die Nase gerieben wird. Aber hier hilft ein ganz probates Mittel, sich nicht
abzocken zu lassen: Wir Verbraucher müssen uns informieren, was wir wirklich
brauchen und was wir kaufen. Wer sich für dumm verkaufen lässt, bekommt noch ganz
andere Produkte angedreht – dies ist kein spezielles Problem für als
»free from« gelabelte Nahrungsmittel!
Mein Fazit zu diesem Beitrag: Liebe Frau Kubli, vielen Dank für die teilweise
richtigen Fakten in diesem Beitrag. Er ist wieder einmal ein Anstoß, sich über
die Verkaufspraktiken der Hersteller Gedanken zu machen. Begrüßt hätte ich es
allerdings, wenn Sie die Zusammenhänge ein wenig fundierter untermauert hätten.
Und wenn Sie eine solch reißerische Überschrift wählen, wäre es besser, diese
Zahlen auch mit selbst ermittelten Preisbeispielen für den Leser nachvollziehbar
zu machen. Nicht nur der aufmerksame Leser bemerkt hier die Diskrepanzen. Vor
allem aber können Ausführungen mit angreifbaren Darstellungen von den Herstellern
einmal mehr mit einem Lächeln beiseitegeschoben werden – und das ist schade!
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