Ein hervorragendes Buch, das sehr viel Hintergrundwissen vermittelt
Blaser schildert anschaulich, welche Auswirkungen nicht
nur größere, therapeutische Dosierungen von Antibiotika
auf unsere Mikrobiota (unsere »Darmflora«) haben, sondern
auch bereits kleinste Dosierungen, die wir mehr oder weniger
unbemerkt und oftmals dauerhaft z.B. durch den Verzehr
von Fleisch von mit Antibiotika behandelten Tieren zu uns
nehmen. Viele Zusammenhänge erklärt er am sogenannten
»Mausmodell«, aber genauso viele auch aufgrund
von Erfahrungen mit Patienten. Und es ist einleuchtend,
dass viele am Mausmodell gewonnene Erkenntnisse durchaus
auch auf den Menschen übertragbar sind.
Es ist erschreckend, wie sich sowohl kleinere als auch
größere Gaben nicht nur über Wochen oder Monate auswirken,
sondern teils lebenslang bzw. sogar generationenübergreifend
auswirken.
Weiterhin beschreibt Blaser die Kausalitäten zwischen einer
veränderten (sprich: dezimierten) Mikrobiota und dem vermehrten
Auftreten verschiedener Erkrankungen wie u.a. Diabetes oder
Zöliakie und vielen anderen. Und er macht auch deutlich,
dass mit der Einnahme von Antibiotika auch das Größenwachstum
und vor allem die Problematik von Übergewicht verbunden sind.
Eindrucksvoll ist auch seine Schilderung, was Antibiotika
vor und rund um eine Geburt und auch Kaiserschnitte für das
Kind und seine Mikrobiota bedeuten können.
Immer weist Blaser jedoch darauf hin, dass er sowohl
Antibiotika als auch Kaiserschnitte für Notfälle durchaus
für segensreich hält, warnt jedoch vor unbedachten Anwendungen.
Nach der Lektüre dieses Buches weiß man nicht nur sehr viel
mehr über die »Mitbewohner« im Darm, sondern auch
über ihre Auswirkungen auf die eigene Gesundheit. Vor allem
aber erhält man die Chance, mit diesem Wissen sein Verhalten
genauer betrachten und im günstigsten Falle ändern zu können.
Was ich vermisse, ist eine ausdrückliche Warnung an alle
diejenigen, die leichtfertig mit sogenannten »natürlichen«
Antibiotika an ihrer Mikrobiota herumpfuschen und sich nicht
im Klaren sind, welchen Schaden sie auch mit diesen Substanzen
anrichten können – obwohl man nach der aufmerksamen
Lektüre dieses Buches eigentlich selber darauf kommen sollte.
Und auch das Thema Pro- und Präbiotika kommt in meinen Augen
etwas zu kurz, aber hier verweist Blaser zu Recht darauf,
dass dieser Bereich noch in den Kinderschuhen steckt. Eine
Warnung vor Selbstmedikationen dieser »harmlosen«
Mittel hätte das Buch perfekt abgerundet.
Trotzdem sollte dieses Buch nicht nur von jedem interessierten
Laien gelesen werden, sondern eine Standardlektüre eines
jeden (werdenden) Arztes sein.
Zur Amazon-Bewertung vom 6.6.2018
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