In manchen Fällen – beispielsweise bei schweren entzündlichen Darmerkrankungen
oder einer Dünndarmfehlbesiedelung, nach wiederholten Antibiotikatherapien,
oder nach Chemo- oder Bestrahlungstherapien kommt es häufig vor, dass die
Darmflora (Mikrobiota) schwerst geschädigt ist. Dr. rer. nat. Kurt Zimmermann
erläutert: »Erst kürzlich hat eine Studie gezeigt:
Wird innerhalb weniger Wochen zweimal mit dem gleichen Antibiotikum behandelt,
ist die Mikrobiota noch zwei Jahre nach der Therapie nachweislich verändert.«
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Hier helfen die allgemeinen Ratschläge zur Pflege der also Darmflora nicht
weiter – sie muss gründlich saniert werden.
Die Bakterienstämme der obligaten – also der ganz individuellen und
eigentlich dauerhaften – Darmflora können sich nur regenerieren, wenn
noch ein ausreichender Grundstock der vielen verschiedenen Bakterienarten vorhanden
ist. Sind hier die Mengen massiv dezimiert oder aber teilweise sogar so gut wie ganz ausgerottet,
kann sich die gesunde Gesamtbalance nicht wieder einstellen, ohne dass von außen
die Keime in größerer Anzahl zugeführt werden, oder aber die bestehende Darmflora
mit geeigneten Mitteln wie z.B.
Vitalpilzen bei der Regeneration unterstützt wird.
Zu allererst sollte – in den oben erwähnten Fällen – oder wenn Sie sich
dauerhaft schlapp fühlen, immer wieder krank werden oder aber auch starke
Verdauungsbeschwerden haben, die nicht durch Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten
oder -Allergien begründet sind, eine Diagnostik der Stuhlflora durchgeführt
werden. Diese veranlasst Ihr Arzt, ein Heilpraktiker oder ein qualifizierter Gesundheitsberater,
der sich auf diesen Bereich spezialisiert hat.
Zur Diagnostik der Stuhlflora wird eine Stuhlprobe an ein Labor geschickt, in der
die vorhandenen Mikroorganismen ausgezählt und (im Idealfall) im Zusammenhang mit der Lebensweise
und Ernährungsform (z.B. Fleischesser oder Vegetarier) bewertet werden.
Zusätzlich wird der Säuregrad (PH-Wert) des Stuhls ermittelt, denn
für das Überleben der erwünschten Mikroorganismen ist ein optimaler
Säuregrad erforderlich.
Neben der Untersuchung der Stuhlflora können im Zuge einer Stuhldiagnostik
auch die Überprüfung auf Parasiten (u.a. Würmer oder Amöben)
und einiger weiterer Parameter gehören. Vor der Entnahme der Stuhlprobe ist
die gewohnte Lebens- und Ernährungsweise unbedingt beizubehalten, um die
Ergebnisse nicht zu verfälschen. Lediglich die Einnahme von lebenden Bakterienkulturen
(»funktionelle« Lebensmittel, Probiotika) ist mindestens 3-4 Tage vorher
zu unterlassen, um ein objektives Bild der Zustände zu erhalten.
Untersucht werden u.a. die Bakterienstämme Escherichia Coli, Enterococcus,
Bifidobacterium und Lactobacillus und einige weitere, aber auch Pilze wie Candida
albicans. Aus dem jeweiligen Status (Normbereich, Toleranzbereich, mäßig
verringert oder erhöht, stark verringert oder erhöht) wird unter Einbeziehung
des Säuregrades eine so genannte »Ökobilanz« ermittelt: Jeder abweichende
Wert bekommt einen Punktwert, die zum Schluss addiert werden. Je höher diese
Summe, desto ungesünder ist die Bilanz.
Eine auch für den Laien ganz hervorragend gestaltete und sehr informative Website
stellt das Labor L+S AG (Enterosan) in Bad Bocklet zur Verfügung, deren Studium
ich Ihnen bei Interesse sehr empfehle
http://www.enterosan.de/ie/html/therapeuten/einsteiger/3_index.html.
Sollten Sie und Ihr Behandler zu dem Ergebnis kommen, dass Ihre Darmflora saniert
werden muss, sollten Sie sich über die weiteren Maßnahmen qualifiziert
beraten lassen. Es wird nun die Einnahme der geeigneten Bakterienkulturen in Form
von probiotischen Präparaten – also Präparaten mit lebenden
Bakterienkulturen – erforderlich sein, die genau auf Ihre individuellen
Bedürfnisse abgestimmt sein müssen.
Wichtiger Hinweis: Von einem »Selbst-Herumdoktern« rate ich dringend
ab, denn hier sind wirklich Spezialkenntnisse vonnöten! Nicht nur die Befunde
müssen richtig interpretiert werden, auch Ihre Lebensweise und eventuell
vorliegende Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten oder ein Reizdarm-Syndrom,
sowie das eventuelle Vorliegen von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen
(Colitis ulcerosa, Morbus Crohn), einer Zöliakie oder einer Dünndarmfehlbesiedelung
müssen bei der Zusammenstellung der Therapie und der Auswahl des für Sie
optimalen Präparates unbedingt mit einbezogen werden.
Es gibt die verschiedensten Präparate, die auch unterschiedliche Bakterienstämme
enthalten. Folgende Bakterienarten sind in diesen Präparaten gebräuchlich
(alphabetisch geordnet):
Bacterium coagulans
Bifidobacterium bifidum
Bifidobacterium breve
Bifidobacterium infantis
Bifidobacterium lactis
Bifidobacterium longum
Enterococcus faecalis/faecicum
Escherichia coli
Lactobacillus acidophilus
Lactobacillus bulgaricus
Lactobacillus casei
Lactobacillus coagulans
Lactobacillus delbrueckii
Lactobacillus fermentii/fermentum
Lactobacillus gasseri
Lactobacillus helveticus
Lactobacillus lactis
Lactobacillus paracasei
Lactobacillus paracasei
Lactobacillus plantarum
Lactobacillus reuteri
Lactobacillus rhamnosus
Lactobacillus salivarius
Lactobacillus sporogenes
Lactococcus lactis
Saccharomyces boulardii
Streptococculs thermophilus
Alle Bakterienarten und -stämme sind besonders in Bezug auf eine eventuell vorliegende
Nahrungsmittel-Intoleranz zu betrachten, denn die unterschiedlichen Arten sind bei
den verschiedenen Unverträglichkeiten mehr oder weniger gut geeignet.
So ensteht z.B. im Stoffwechsel einiger Bakterienarten Histamin, was ihre Verwendung
bei einer Histamin-Unverträglichkeit zu einer Belastung werden lassen kann. Auch wird derzeit heftig
diskutiert, welche Bakterienstämme gerade bei einem Reizdarm-Syndrom förderlich
oder aber abträglich sind. Und natürlich sind auch die in den meisten
Präparaten enthaltenen Hilfs- und Begleitstoffe auf ihre Eignung hin zu
überprüfen – der Laie dürfte hier in den allermeisten Fällen
überfordert sein.
Somit gehört die Verordnung eines geeigneten Probiotikums immer in die Hand
eines spezialisierten Therapeuten. Es ist jedoch immer gut, wenn Sie sich im Vorfeld
gründlich informieren, um mit Ihrem Behandler auf Augenhöhe gemeinsam
über die erforderlichen Schritte sprechen zu können. Um sich über die verschiedenen
Präparate zu informieren, empfehle ich Ihnen einen Beitrag auf der Website
www.libase.de,
einem Forum für Laktose-Intoleranz, der eine Fülle von Präparaten
zusammenfasst und diskutiert. Eigentlich werden hier die Präparate vor dem
Hintergrund einer Histamin-Intoleranz bewertet, die Zusammenfassung eignet sich
jedoch auch, um sich einen umfassenden Überblick über die Präparate und
ihre Inhaltsstoffe zu verschaffen.
Eine Sanierung der Darmflora ist grundsätzlich äußerst behutsam
durchzuführen und dauert mehrere Monate.
Jedes Präparat ist immer einzuschleichen,
denn ein Überschwemmen der vorhandenen Darmflora mit Bakterien, die nicht in
das vorhandene Gleichgewicht passen, auch wenn dieses ungesund sein sollte, führt
immer zu mehr oder weniger heftigen Irritationen. Nicht ohne Grund wird die
menschliche Darmflora als eigenständiges Organ betrachtet – und jeder
Eingriff an einem Organ führt verständlicherweise zu Reaktionen, die
drastischer ausfallen, je unvorsichtiger der Eingriff ist.
Neben den Probiotika eigenen sich auch die so genannten Vitalpilze. Diese ergänzen
die Darmflora nicht mit zugeführten »guten Bakterien«,
sondern wirken adaptogen. Dies bedeutet, dass die Pärparate genau dort ihre Wirkung
entfalten, wo »der Hase im Pfeffer liegt«, so dass sich die Darmflora
mit dieser Unterstützung von selbst auf die ganz individuelle Balance einpendeln kann.
Auch bei den Vitalpilzen rate ich dringend von einer Selbstverordnung ab. Lassen
Sie sich von ausgebildeteten Mykoberatern helfen, aus dem angebotenen Spektrum
die für Sie und für Ihre Problemantik geeigneten Vitalpilze auszuwählen. Darüber
hinaus können Sie dann gemeinsam schauen, welche Dosierung und welche
Einschleichgeschwindigkeit für Sie geeignet ist.
Beachten Sie bitte, dass weder Probiotika noch Vitalpilze
ohne umfassende Vorkenntnisse verwendet werden sollten.
Beide Präparategruppen können massiv in die Funktionen des
Verdauungssystems eingreifen.
Nicht nur das Verdauungssystem ist ein mindestens ebenso
zum Körper gehöriges Organsystem, sondern auch die Darmflora
gehört durch ihre manigfaltigen Funktionen als ein unverzichtbares
»Organ« zu unserem Körper. Und Sie »basteln«
ja auch nicht an Ihren anderen Organgen wie beispielweise
Ihrem Herzen oder Ihrer Lunge ohne fachlichen Rat herum.
Tipp:
Übrigens müssen Sie nicht warten, bis »das Kind in den Brunnen gefallen ist«,
wenn Sie Antibiotika einnehmen müssen. Sie können bereits während der Antibiose
mit der Einnahme von geeigneten Probiotika oder Vitalpilzen beginnen. So verhindern Sie,
dass Ihre Darmflora durch die in Bezug auf Ihre Darmbakterien lebensfeindlichen
Antibiotika einen allzugroßen Schaden nimmt. Achten Sie jedoch darauf, dass zwischen
der Einnahme der antibiotischen Mittel und den Probiotika ein Zeitversatz von
mindestens 2 Stunden eingehalten wird, damit die Antibiotika die guten Bakterienstämme
nicht gleich im Magen zerstören. Bei geplanten Antibiosen, wie sie z.B. bei größeren
Operationen vorgenommen werden, können Sie bereits 2 Wochen vor dem Termin mit der
Einnhame von Probiotika oder sogar 4 Wochen vorher mit den Vitalpilzen beginnen,
so dass Ihre Darmflora in einem bestmöglichen Zustand ist.
Lassen Sie sich in jedem Falle von Ihrem Arzt, der Ihnen das
Antibiotikum verschreibt, ein geeignetes Probiotikum empfehlen.
Bitte lesen Sie auch folgende Beiträge:
Grundsätzliches über die Darmflora
Darmpflege: Gesunder Darm – gesunder Mensch
Gesunde Verdauung
Pflege der Darmflora
Pflege der Darmschleimhaut
Dünndarmfehlbesiedelung und ihre Behandlung
Antworten auf Fagen zur Darmsanierung bei Laktose-Intoleranz
** UGB-Forum 2/2011, Seite 72 (Fachzeitschrift für Gesundheitsförderung
der Vereine für unabhängige Gesundheitsberatung Europa)
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